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1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 276

1890 - Gotha : Behrend
276 Bilder aus den mitteldeutschen Gebirgslandschaften. Uustrut reichen. Das östliche Ende des nördlichsten dieser Höhenzüge bildet das Kyffhäusergebirge, dessen waldgekrönte Berge eine weite Um- schau über einen großen Teil des umliegenden Landes, namentlich aber einen prächtigen Anblick des Harzes gewähren. Die größte Höhe mißt 465 in und trägt die Ruinen der ehemaligen Burg Kysfhausen, von welcher der ganze Bergzug den Namen erhalten hat. Der Berg hat einen breiten Gipfel, und der Umfang der Ruiuen beweist, daß Gebäude von seltener Größe hier prangten. Man sieht noch Spuren von tiefen, in den Berg gehauenen Gräben und den da- neben aufgeführten Mauern. Gegen die südlichste Seite des Berges hin steht uoch eiu Thor, das man gewöhnlich das Erfurter Thor nennt, weil man von diesem Standpunkte aus bei.heiterm Himmel die Türme von Erfurt erkennen kann. Etwas weiter aufwärts und West- lich steht ein starker Turm, der bedeutendste Überrest jener alten Bau- werke, welcher wegen seiner hohen und freien Lage auf eine ziemlich weite Entfernung sichtbar ist. Die alten Mauern dieses Turmes sind 3—4 m dick und auswendig von gehauenen Steinen. Von diesem Turme etwas weiter abwärts, nach Osten zu, finden sich Ruinen von starken Mauern, welche vermutlich das eigentliche Wohnhaus umfaßt haben. Noch weiter herab, auf der östlichen Seite des Berges, über Tilleda, stehen noch die Übereste einer Kapelle, etwas weniger verfallen als die andern Gebäude. Zahlreiche Sagen knüpfen sich an diesen Berg. Die Hauptrolle in allen diesen Sagen hat Kaiser Friedrich I., Barbarossa oder Rot- bart genannt, übernehmen müssen. Ihm hat man die Residenz im Innern des Berges angewiesen; dahin ist er verbannt mit seiner Prinzessin Tochter und seinem ganzen Hofstaat; er hat alle seine Helden bei sich; seine Rüstkammer ist voller Waffen, und in den Ställen stampfen die Pferde ungeduldig im Schlafe. Da sitzt er noch heut auf einer Bank an einem steinernen Tische, umgeben von unsägliche» Schätzen; der Bart ist ihm durch den Tisch hindurch bis auf die Erde gewachsen; den Kopf in den Händen haltend, nickt er zuweileu mit dem Kopfe und blinzelt mit den Augeu wie eiuer, der eben erwachen will. Alle hundert Jahre pflegt er zu erwacheu und nach seinen Naben zu sehen. Wenn aber der Bart zum drittenmal um den Tisch ge- wachsen sein wird, dann soll der Kaiser erwachen und hervorgehen und seinen Schild an einen dürren Baum hängen, worauf dieser ergrünen und eine bessere Zeit anheben wird. Es wird dann eine blutige Schlacht geschlagen werden, vor deren Entscheidung der laublose Baum nicht ergrünen kann. Der innerste Kern der schönen Sage ist die Kaiseridee, die dem deutschen Volke ins Herz gewachsen ist und nicht ersterben konnte, bis sie jetzt nach glorreichen Kämpfen Alldeutschlands sich wieder verwirk- licht hat. Wenn damit auch der Barbarossasage der Reiz unerfüllter Hoffnung und der Zauber tröstlicher Ahnung genommen ist, so bleibt sie doch allezeit eine Perle im deutschen Sagenschatze und gemahnt das deutsche Volk fort und fort zur Wachsamkeit und Einigkeit. Nach ge-
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