1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bilder aus dem norddeutschen Gebirgslande.
zünden. Jeder Karren mußte deshalb früher ein Fäßchen mit Wasser
und einen Eimer mit sich sühren. Aber trotz dieser Vorsichtsmaßregeln
konnte es geschehen, daß das ganze Fahrzeug plötzlich so iu Glut geriet,
daß dem Kohlenfuhrmann nichts übrig blieb, als sein Pferd zu retten.
— Da die unwegsamsten und entlegensten Teile des Gebirges die Haupt-
statten der Köhlerei abgaben, so war die Abfuhr der Kohlen ebenso be-
schwerlich wie gefährlich. Der Fuhrmann mußte auf schmalen, steilen
Wegen, die diesen Namen überhaupt nicht verdienten, mit zwei, auch
wohl drei hintereinander gehenden Karren zu Thale fahren. Kreischend,
ohne Hemmung drehten sich die Räder aus der hölzernen Achse.
Hätte man sie mittels einer Schraube, des Hemmschuhes oder durch ein
langes, quer durchgestrecktes Stück Holz hemmen wollen, so würde die ganze
Last dem Pferde auf dem Rücken gelegen und dieses zu Boden gedrückt
haben. Nur durch ein hinten an den Korb gebundenes und mit Erde
beschwertes „Schleifreisig" von Hecke war es möglich, den Karren auf
das allernotdürftigfte zu hemmen und zugleich das Pferd wenigstens
etwas zu entlasten. Die „Folgepferde", die Pferde des zweiten und
dritten Karrens, die der Fuhrmann fast sich selbst überlassen mußte,
waren so abgerichtet, daß sie nicht auf das nachschleppende Reisig traten.
Die Heimat der Köhler sind die Waldarbeiterdörfer des
Harzes. Meistens hat sich das schwarze Gewerbe durch Jahrhunderte
stets vom Vater auf den Sohn vererbt; und ein Adreßkalender der
Köhler selbst aus der Blütezeit der Köhlerei würde nur wenige Familien-
namen enthalten. (Im Jahre 1780 waren unter den Köhlermeistern,
welche in der Gegend von Klausthal in fiskalischer Arbeit standen, fünf
Gärtner, drei Schubert, drei Benshausen, zwei Kratsch.) Ein richtiger
Köhlermeister wird auch nur, wer die ganze Schule vom Haijuugeu
durch den Gehilfen („Hulpert") durchgemacht hat. Und der alte
erfahrene Henning Calvör sagt, daß ein Köhlermeister Zeit seines Lebens
nicht auslerne.
Das Leben der Köhler gehört dein Walde noch in viel höherem
Grade an, als das der Waldarbeiter. Während diese wenigstens ein-
mal allwöchentlich mit ihrer Familie unter einem Dache weilen, sehen
jene ihr Dorf im ganzen Sommerhalbjahr nur bei besonderem, hoch-
wichtigem Anlasse, denn die Meiler brennen am Sonntage wie in der
Woche, und wenn einer derselben ausgeladen wird, stehen andere schon
wieder im Brande. Aber einmal wöchentlich macht sich die Frau des
Köhlers mit der Kiepe auf, um diesen mit Brot und „Zubrot" und
anderen Vorräten zu versorgen.
Die Köteu der Köhler sind denen der Waldarbeiter gleich, nur
sieht man ihnen in etwas an, daß sie für mehr dauernden Aufenthalt
eingerichtet sind. Im Innern sind rechts und links vom Eingange
einige Schränkchen und Vorratskasten angebracht, und die Hausgenossen-
schast kann sich, weil weniger zahlreich, etwas wohnlicher einrichten.
Jeder Zeltgenoß hat seinen bestimmten Platz am nie verlöschenden Feuer:
die Bank zur Rechten gehört dem Meister, die zur Linken dem oder den
Gehilfen, und die Köhlerbuben sitzen und schlafen im Hintergrunde jenseit