Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 338

1890 - Gotha : Behrend
338 Bilder aus dein norddeutschen Gebirgslande, und der schöne Scheitel des Brockens sich frei ans demselben in den blauen Äther erhebt. Eine kurze Strecke begleitet noch die Tanne die eigentliche Brockenchaussee, aber immer kürzer und zwerghafter wird der schöne Baum. Mit jedem Schritte aufwärts verliert er an Fülle und Kraft. Die Kronen waren von Wind und Wetter zerzaust, und an den Zweigen hing die feinhaarige Bartflechte in fußlangen Büscheln herab. Bis an den Gürtel steckten die Bäume im Schnee, das Haupt mit eiuer hohen Schneemütze bedeckt, uuter der die Flechten, mit feinem Reif bepudert, gleich Haaren ehrwürdiger Greise herabwallten. Es war, als sähe man Berggeister, so standen die Bäume da. Ohne Weg und Steg folgten wir den Signalstangen, die bis zum Brockenhaus gehen und den Wanderer vor Verirruug schützen sollen. Endlich war die Höhe erreicht, aber vou dem Hause war wenig zu sehen, der Schnee lag bis an das Dach des damals noch einstöckigen Gebäudes, sodaß man dieses ohne Mühe ersteigen und den Weg zum Schornstein hätte hineinnehmen können. Wir zogen jedoch den Weg durch die Thür, die von den Bewohnern frei gehalten war, jedem andern Eingange vor. Kaum waren wir eingetreten, so war auch das ganze Hanspersonal um uns versammelt und reichte uns freudig die Hand. Denn ein Besuch im Winter ist eine Seltenheit, um so freudiger mird ein Gast in dieser Jahreszeit begrüßt. Ist schon ein Schneetreiben in der Ebene nicht gefahrlos, so ist die Gefahr auf dem Brocken noch viel größer, zumal bei starkem Winde. Derselbe wird hier oben oft zu einem orkanartigen Sturm, und grausig ist es dann im Brockenhause. Er schüttelt an den Thüren und rüttelt an allen Fenstern, heult in den Gängen und saust zu den Treppen hinaus; es rasselt, kracht und klirrt wild durcheinander, und niemand wagt sich hinaus. Ein solcher Sturm riß im Herbst 1853 den aus festen Balken und Bohlen gezimmerten, gegen 14 m hohen Turm vor dem Brockenhause aus deu Fugen, daß er krachend zusammenstürzte. Die losgerissenen Bretter fuhren wirbelnd durch die Luft, zerschmetterten zum Teil au deu Felsblöcken, und in den tollsten Sprüngen tanzten die Splitter mit dem groben Kies der Brockenkuppe, dem Hexensande, um die Wette. Seit diesem Ereignisse hat man einen Turm aus Steinen aufgeführt, den wir am andern Morgen bestiegen. Soweit das Auge reichte, war alles mit Schnee bedeckt, Städte, Dörfer, Berge und Thäler, und es war uns, als ob die ganze Welt in Schnee ge- hüllt fei und überall die feierliche Stille und Einsamkeit herrsche wie hier oben. Günther, Heine und Gude, 7. Das Jlsethal. Je tiefer wir vom Brocken herabgingen, desto lieblicher ranschte das unterirdische Gewäffer; nur hier und da, unter Gestein und Gestrüpp blickte es hervor und schien heimlich zu lauschen, ob es ans Licht treten dürfe, und endlich kam eine kleine Welle entschlossen hervorgesprungen. Nun zeigt sich die gewöhnliche Erscheinung: ein Kühner macht den Anfang.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer