1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
354
Bilder aus dem norddeutschen Gebirgslande,
geblich dem Götzen Krodo in der Nähe der Harzburg dargebrachten
Opfern als Altar gedient hatte, ist in das Reich der Märchen zu ver-
weisen."
Hiermit läßt sich recht wohl die Nachricht vereinigen, daß dieser
Altar von der Kaiserin Theophanie, Ottos Iii. Mutter, eiuer Kirche
iu Goslar verehrt sei.*) Ohne Zweifel ist es der „goldene Altar", der
an gewissen Festen enthüllt wurde.
Sonst enthält die Halle noch die steinerne Umfassung des Kaiser-
stuhles, Säulen aus der Krypta, Teppiche aus der Zeit der Früh-
renaissanee, Grabsteiue aus Schieser und Sandstein, Altarschreine
und dergl.
Aus der Höhe des Kaiserbleekes liegt, die Stadt überragend, das
Kaiserhaus, der älteste Prosanbau Deutschlands diesseit des Rheins.
Von hier aus konnte Kaiser Heinrich Iii, der Erbauer des Palastes,
„die Stadt und seine Lieblings-Schöpsnngen, den Dom und das St.
Petersstift, überschauen und über diese hinaus, in der Richtung nach
Werla, den Blick in die Ferne schweifen lassen."
Im Jahre 1054 wird das Haus, welches iu deu alteu Aufzeich-
uungen curtis regalis, domus oder aula regis, domus Caesaris,
imperatoris, palatium imperii, kayserhus genannt wird, schon be-
wohnt gewesen sein. Als Baumeister sieht man den jungen Kleriker-
Benno an, der von Heinrich Iii. aus dem Kloster Hirschau, „jener be-
rühmten Architektenschule iu Schwaben", nach Goslar bernsen war,
später Dompropst iu Hildesheim ward und als Bischof von Osna-
brück starb.
Im Jahre 1065 brach Feuer im Kaiserhause aus, doch muß es bald,
ehe es erheblicheu Schaden angerichtet hatte, gedämpft sein. Auch der
Einsturz, welcher 1132 im Palaste erfolgte, muß keine große Bedentnng
gehabt haben. Die noch erkennbaren Spuren eines größeren Brandes,
dem namentlich die angrenzenden Kaisergemächer zur Beute sielen,
werden ans dem Jahre 1829 herrühren.
Welche Erinnerungen werden angesichts dieser ruhmreichen und
ehrwürdigen Stätte wach! Hier bedrängten Heinrich Iv. die auf-
ständischen Sachsenfürsten, hier schmolz ein Blitzstrahl das Schwert über
dem ruhig schlummernden Heinrich V., hier wurden bis zum Tode dieses
Kaisers (1125) nicht weniger denn 23 glänzende Reichs- und Hoftage
abgehalten. 10 deutsche Könige und Kaiser haben hier gewohnt.
Konrad Iii. entsetzte hier 1138 Heinrich den Stolzen seiner Lande,
Friedrich I. belehnte hier 1157 seinen Vetter Heinrich den Löwen mit
den Harzforsten, Pfalzgraf Heinrich überreichte hier 1219 dem Kaiser-
Friedrich Ii. die Reichsinsignien. Von 1050—1253 ist das Kaiserhaus
so eug mit der Reichsgeschichte verwachsen, daß es unmöglich ist, alle
seine Beziehungen zu dieser in kurzen Worten auch nur anzudeuten.
*) Nicht unerwähnt soll hier bleiben, daß der verstorbene Geheime Rat
von Quast, Konservator der Altertümer in Preußen, den Krodoaltar für einen
heidnischen Opferaltar hielt, der durch die Völkerwanderung hierher verschleppt wurd