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1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 388

1890 - Gotha : Behrend
388 Bilder aus der norddeutschen Tiefebene. waren, für die Gesundheit gewonnen. Zugleich wurden die „Dnrtiche", die in die Wände der Wohnungen gelegten ungesunden Schlafräume, überall entfernt und die Wintervorrüte an Kartoffeln, Wurzeln (Möhren) und Rübeu, welche früher in den hohlen Räumen unter den Bettstellen aufbewahrt worden waren, und neben denen außerdem uoch hohe, mit Sauerkraut und eingemachten Vietsbohnen angefüllte Fässer standen und höchst unangenehme und ungesunde Gerüche verbreiteten, in die Keller- räume der neben den alten Wohnhäusern neu erbauten Speicher ab- geführt. Noch vor 30 Jahren war ein Schornstein auf den Dächern der Bauernhäuser eine seltene Erscheinung. Die Anlegung der Schorn- steine erzwang wohl mehr die Notwendigkeit, als die Mode oder Rück- sicht auf die Gesundheit. Denn die Holzfeuerung begann infolge der schlechten Bewirtschaftung der Bauernforsten immer seltener und zu- gleich mit der Torffeuerung teurer zu werden; dagegen sind die Er- Zeugnisse alter und neuer Kohlenbergwerke durch die Herstellung besserer Verkehrswege leicht und im Verhältnis billig zu erlaugeu. Bei An- uahme der Kohlenheizung aber war die Anlage der Schornsteine durch- aus geboten, und es entstand dadurch eine vollständige Umwälzung an dem alten bäuerlichen Feuerherde. Der große „Rahmeu", welcher, über dem Herde augebracht, die Feuersgefahr nach oben hin abwehren sollte, verschwand zuerst, daun auch der breite aufgemauerte Herd mit der eisernen „Brandplatte", auf welcher meistens das Urteil Salomonis oder der Besuch der Königin von Saba in Relief dargestellt waren, und mit dem gewaltigeu „Ween- (Wende-) Haken" , an welchem der große Kessel und Topf hingen und bequem dem Feuer zugeschoben werden konnten, und eine Kochmaschine trat an deren Platz. Der Herdraum ist jetzt um vieles freier, heller und reiner geworden: ob auch gemüt- licher, bezweifle ich. Es hatte die hell aufflackernde Herdflamme, wenn sie den Eintretenden begrüßte und das Gesicht der um sie schaffenden Hausfrau beleuchtete, etwas sehr Anheimelndes, ja Feierliches. Bei reger Phantasie konnte man in dem Herde mit dem flackernden Feuer einen Altar und iu der Hausfrau die opfernde Priesterin sich vorstellen. Auch war die Herdstelle früher ein gefuchter Aufenthalts- ort für die Bewohner des Hauses und die vorsprechenden - Nachbarn. In der Wohnstube verschwand der alte Ofen, welcher von draußen ge- heizt wurde, mit feiner das springende westfälische Pferd zeigenden Vorderplatte und den runden, von den sich daran erwärmenden Händen blankgescheuerten Messingknöpfen, und auch hier trat ein moderner, für Kohlenheizung, aber auch zugleich zum Kochen eingerichteter Ofen an seinen Platz. Es wird nun leider, vorzüglich während der Wintermonate, der Bequemlichkeit und Billigkeit wegen das Kochen in diesem Ofen betrieben und infolge der sich dabei entwickelnden Dämpfe die Luft ver- dorben und der Aufenthalt in den Wohnstuben, die auch jetzt noch nur mangelhaft gelüftet werden können, ungesund. Auch die Güte des West- fälischen Schinkens, der früher über und zur Seite der Herdstelle ge- räuchert wurde, hat feit Einführung der neuen Heizungsmethode und der Steinkohle als Feuerungsmaterial anstatt des Holzes sehr verloren.
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