1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Moore Norddeutschlands.
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mittelbaren Verhandlungen und Arbeiten in die Hände Jürgen Christoph
Findorfs gelegt wurden. Wenn die erste Inschrift (später zertrümmert)
an seinem Deukmcil ihn „den Verdienstvollen, dessen Talenten die um-
liegenden Moorkolonien unter höherer Leitung viel verdanken", nennt,
so muß man anerkennen, daß seinem Scharfblicke und seiner Umsicht
der Erfolg nicht fehlte. Sein Andenken ist heute im Teufelsmoor noch so
rege, als wäre er erst vor wenigen Jahren gestorben. Fi ndors wurde am
22. Februar 1720 zu Lauenburg a. d. Elbe als Sohn des Ratstischler-
meisters geboren. Er lernte das Handwerk seines Vaters und konnte
schon im 19. Jahre nach dem Tode desselben dem Geschäfte vorstehen.
Beim Bau einer Schleuse zeichnete er sich durch eigenartige Herstellung
einer Schöpfmaschine aus, so daß der Oberlandbaumeister von Bonn
ihn fürs Baufach ausbilden ließ. Bereits 1752 führte er mehrere
wichtige Bauten aus. Später wurden ihm die Bermefsuugsarbeiten
im Teufelsmoor übertragen. 1757—1759 erbaute er die von der
Regierung errichtete Kirche zu Worpswede. Dann widmete er sich, seit
1772 zum Moorkommissär ernannt, der Errichtung der neuen Kolonieen.
Er war durch sein leutseliges Benehmen, seine Rechtschasfenheit und
Wohlthätigkeit eine sehr beliebte Persönlichkeit, die, wie er selbst alle
Kolonisten kannte, der Vertrauensmann, ja wie sie ihn selbst nannten,
der Vater aller war. Er starb am 31. Juli 1792 und sah während
seiner Dienstzeit 40 Kolonieen entstehen. Die Einrichtung jeder Kolonie
begann mit der Festlegung der geradlinig verlausenden Wege, neben
welchen Gräben ausgestochen wurden. Eiu jeder Bauer erhielt
50 Morgen Moorgrund zu Saatland und eine gewisse Fläche zum
Torfstich und zur Weide, Er hatte neun Freijahre und mußte nach
Ablauf derselben an die Grundherrschaft zahlen: 16 Schilling Anbauer-
zins, 28 Schilling Weidegeld, 2 Thlr. Zins für Saat- und Wiesenland,
auch für Torfstich, 8 Schilling für 2 Rauchhühner, 32 Schilling
Dienstgeld, 1 Thlr. 12 Schilling für die Kontributs- und Einquartier-
uugsfreiheit, 1 Thlr. ständiges Zehentgeld exkl. des Schmalzehntes von
Bienen, zusammen 6 Thlr. Er war verpflichtet, die Stelle sofort zu
begrüppeu (mit Gräben zu versehen), ein gutes Haus darauf zu setzen
und solches bis nächsten Pfingsten einzurichten und zu decken. Er
unterwarf sich bei Verlust der Stelle deu ihm erteilten Vorschriften
in Ansehung der Kultivierung, der Grenzen und der Gemeindelasten;
er übernahm außer den obigen Grundlasten: Landfolge, Gefangenwachen,
Abzugslasten, Pastoren- und Küsterpflicht, Unterhaltung der Brücken,
Wege und Stege, Gräben und Befriedigungen k. Der Weinkauf wurde
zum erstenmale auf 1 Thlr. festgesetzt, es sollte aber mit den nach-
folgenden Wirten eine dem Zustande der Stelle und deren Abgiften ge-
mäße Behandlung bei jedesmaliger Veränderung Platz haben.
Als Kolonisten nahm man mit Vorliebe junge Ehepaare. Dennoch
waren die Schwierigkeiten trotz aller Erleichterungen immer noch sehr
große. Der Bau der Hänser wurde teils durch den Mangel an Geld,
teils aber auch durch den schweren Transport des Baumaterials, das
von der Geest her herbeigeführt werden mußte, teils auch durch den ein-
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