Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 435

1890 - Gotha : Behrend
Das hannoversche Wendland. 435 gewöhnlich nicht schön; das Auge meist grau, hell, selten dunkel, braun; das Haar schlicht, straff, meist blond, selten schwarz; die Stirn hoch, der Kops ruudfckädelig (brachyocephal); der Bart meist dünn; der Gang ist schwer, bisweilen schlotterig. Auch das weibliche Geschlecht zeigt un- schöne Bewegung; der Fuß ist groß, die Hüfte breit, der Wuchs schlanker, die Arme voll und kräftig; die Gesichtsfarbe gesund, die Wangen rot, die Haut von feiner Weiße; die Farbe des Haares wie bei den Männern. In seiner Kleidung liebt der Wende grelle, lebhaste Farben. Der Stoff ist vorwaltend Linnen und ein aus Flachs und Wolle gemischtes Gewebe, „Beiderwand", beides selbstgewebt und farbig gemustert, früher meist schwarz und grün gestreist. Die Männer trugen ehemals als Kopfbedeckung eine blaugeftreifte Zipfelmütze, wie sie fast überall in Niedersachsen üblich war. Bei der Arbeit geheu die Wenden barfuß oder in Holzsohlen mit Lederhut; der Waldarbeiter trägt zuweilen eine weiße, leinene Schürze. In der Kirche und bei feierlichen Gelegen- heilen hat der Wende dunkle Tuchkleidung. Die festliche Kleidung des weiblichen Geschlechtes ist gesucht und kostspielig. Rock und Mieder sind von feinem Tuche, die buntfarbige Schürze und das vielfach ge- faltete Tuch von Seide; um den Hals der weiße gefältelte Tüllkragen; die rote Haube im Boden mit eigenartigen Perlen geschmückt und mit lang herabhängender Bandschleife. Silberne und goldene Ohrgehänge und Ketten oder Korallen fehlen nicht leicht. Die übrigen Züge in der Tracht, welche wohl angeführt werden, sind nicht Eigentümlichkeiten dieser Gegend, vielmehr bis nach Westfalen hinein verbreitet und haben dort wie hier den neueren Moden Platz gemacht. — Man fagt den Wenden nach, daß er ein starker Esser sei, viel bedürfe und viel ver- möge, und man hat hinzugesetzt, er köune es sich gestatten, er habe es; „Bilder des Jammers und Hungers" gebe es dort nicht. An brechend voll besetzten Tischen zu schwelgen, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet, soll noch im besonderen Maße eine Leidenschaft des Wenden sein. „Da steht gekochter Schinken neben einer Schöpskeule, — ein Kalbsbraten in einem Meer von Butter schwimmend, Schweinsbraten, Sülze und Wnrst aller Art; gekochter Reis neben weißen Bohnen, ge- kochte trockne Zwetschen neben kaltem Sauerkohl; das beliebte „Gäelsuer", eine Art saurer Brühe, und Meerrettig". Weißbrot ist fast immer im Hause, und bei Hochzeiten, Kindtaufen und anderen Festlichkeiten werden große Massen desselben vertilgt. Das alte Honigbier kommt nur noch selten vor; „Dickbier", der Schnaps, jetzt auch Lagerbier, bilden dabei das Getränk. Doch wird behauptet, daß dort von Jahr zu Jahr die Trunkenheit geringer werde (!). Kaffee wird vom weiblichen Geschlechte über alles geschützt. Das alte wendische Wohnhaus ist dem niedersächsischen ganz gleich eingerichtet. An der der Straße zugewandten Giebelseite ist die große Thür, durch welche der Wageu nach beseitigtem „Dössel" und,, Stüll", wie sie im Kalenbergischen genannt werden, aus die Diele fährt, um durch die „Luke" Frucht und Heu auf den Boden zu bringen. An den 28*
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer