1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bilder aus der norddeutschen Tiefebene.
Unmittelbar vor der Hamburger Vorstadt St. Pauli, mit dieser
sast ohue Unterschied zusammenfließend, breitet sich die volkreichste und
bedeutendste Stadt der Provinz Schleswig-Holstein, Altona, aus, ein
Freihafen, der die güustige Lage an dem mächtigen Elbstrom mit der
stolzen Nachbarstadt teilt. Die Höhen des holsteinischen Landrückens
treten hier aus eine Strecke von mehreren Stunden uumittelbar au
die Elbe heran und verleihen dem User derselben einen hohen land-
schastlichen Reiz. Neben der Straße am Fnße des Höhenrückens an
der Elbe entlang sührt von Altona und seinem Vorort Ottensen aus
auch eiue Chaussee auf den Höhen hin, die zu den schönsten Deutschlands
gehört. Natur und Kunst haben sich hier vereint, um diesen Weg mir
ausgesuchten Reizen zu schmücken. Villen und Schlösser, Gartenanlagen,
Parks und herrliche Fernsicht über deu von Schiffen aller Art belebten
Strom, bis zu den in blauem Duft schimmernden Höhen des Hannover-
schen Heiderückens entzücken das Auge. Deu Endpunkt dieser Prome-
nade bildet das holsteinische Dorf Blankenese, am Fnße und Abhang
des 90 m hohen Süllberges. Die zahlreichen Bewohner (der Ort zählt
5000 Einw.) sind großenteils Schiffer und gehören zu den unter-
nehmendsten und kühnsten Seeleuten der Welt. Sie sind im Besitz
einer ansehnlichen Handelsflotte und besuchen mit ihren Schiffen die
Seehandelsplätze aller Nationen. Unterhalb Blankenese, wo sich die
Arme der Elbe wieder zu einem einzigen 3 km breiten Strome ver-
einigt haben, wenden sich die holsteinischen Höhen von dem Ufer ab,
und nun durchfließt die Elbe, bis zu ihrer Mündung an Breite immer
wachsend, eiu weites Flachland, in dem kein Höhenzug, kein Hügel den
Blick in die Ferne hemmt, in dem sich Weide an Weide, Acker an
Acker reiht, und das von zahlreichen Dörfern und stattlichen Einzelge-
höften besetzt ist. Es sind die ihrer Frnchtbarkeit wegen weitgerühmten
Elbmarschen. Zur Rechteu der Elbe erstrecken sich, durch die Stör
von einander getrennt und teilweise durch kostspielige Deiche geschützt,
die Cremper und Wilster Marsch, deren Bewohner dem sächsischen
Stamme angehören und vorherrschend mit Ackerbau und Viehzucht sich
beschäftigen. Denn nur Glückstadt und weiter abwärts Brunsbüttel
treiben Schiffahrt und nennenswerten Handel. Gegenüber auf dem
linken Ufer der Elbe eutsprechen den holsteinischen Marschen zunächst
bei Harburg das schou beschriebene Alte Land, das infolge feiner
reichen Obstkultur zur Zeit der Blüte wie der Fruchtreife einen Herr-
lichen Anblick gewährt; dann bis zur Oftemündnng das Marschland
Kehdingen und von da bis zu dem hamburgischen Amte Ritzebüttel
das Laud H adeln, beide mit niedersächsischer Bevölkerung und beide
Landstriche im Sommer ein wogendes Saatenmeer mit goldgelben Raps-
feldern, köstlichen Weizenäckern, saftiggrünen Roggenfluren, die mit
üppigen Wiesen wechseln. Zwischen diesen Fluren verstreut liegen, jedes-
mal umgeben von den zugehörigen Ländereien, die großen Höfe mit
ihren Gebäuden, von reichem Baumwuchs umgrünt und von einem
breiten Grabeu oder einer frifchgrünen Hecke umschlossen. Die wenigen
größeren Ortschaften, wie Buxtehude und Stade, liegen meistens