1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bilder aus der norddeutschen Tiefebene.
geschaffen als eben dort, wo kein Liniengürtel die unnatürliche Bau-
grenze zieht.
Der so vielfach und mit allen möglichen Mitteln gehobene Verkehr
hat der Stadt eine ganz neue Physiognomie verliehen. Die Hauptadern
zeigen zu jeder Zeit des Tages und auch der Nacht eine ^Belebtheit,
wie wir sie nur in Paris und London kennen. Da giebt es ein
Tummeln, ein Rennen, ein Drängen, wie es in der alten Rivalin, der
Kaiserstadt an der Donau, nur selten zu spüren ist.
Es kaun keine Frage mehr sein, wir haben in dem neuen Berlin
unsere wichtigste und vornehmste Stadt, die Hauptstadt für gauz Deutsch-
laud anzuerkennen. Und da bietet sich denn auf gauz natürliche Weise
wieder die schon oft aufgeworfene Frage dar: Hat Deutschland eine
solche völkerwimmelnde Kapitale an der Spree, wie es häufig behauptet
worden ist, allein dem Umstände zu Verdauken, daß dieser Fleck den
Souveränen von Brandenburg und Preußen besonders gefiel, daß sie
ihre Residenz und ihre Staatshaushaltung dahin zu verlegeu beliebten
und auf diese Weise uach ihrem Gesallen eine Ansammlung vou Be-
völkerung veraulaßten, die ohnedies und infolge eines Naturdranges
dort gar uicht zu stände gekommen wäre?
Auch in der Geschichte der Stadt Berlin läßt sich eine künstliche
und willkürliche Einwirkung und Förderung ihres Wachstums vou seiten
der Fürsten und des Staates nicht verkennen. Kolonisten und Bürger
aus der Ferne wurden zur Ansiedlung eingeladen und herbeigeführt.
Französische Hugeuotten zogen in Masse ein, sodaß zur Zeit des Großen
Kurfürsten fast jeder Zehnte ein Franzose war. Auch die ganze Um-
gegend Berlins und die von Haus aus schwach bevölkerten Landschaften
der Mark wurden zu wiederholten Malen auf Anordnung von obenher
mit Pflanzern besetzt, durch die Fürsorge der Fürsten wurden viele wüste
Striche angebaut, und der Fleiß und die Industrie der Bewohner be-
deckte deu dürftigen Boden mit einträglichen Ackerwirtschaften, die, von
ihren Nachkommen in wachsender Menge immer dichter bevölkert, all-
mählich das Rekrutierungsgebiet einer großen Stadt abzugeben ver-
mochten. Man legte von Berlin aus künstliche Verkehrs- und Handels-
straßen, sowohl Land- als Wasserwege, nach allen Richtungen an, grub
und erneuerte Kanäle durch den Sand der Mark, führte Chausseen und
Viadukte durch ihre Sümpfe und Wälder, fodaß der Ort nun am Ende,
wenn er gar keine natürlichen Kanäle gehabt hätte, sich schon durch
diese künstlichen Veranstaltungen sehr bequem mit Proviant, Waren,
Schiffen, Meuschen, Kraft und Kapital versehen und seine Existenz und
sein Wachstum sichern konnte. Man kann sagen, soviele Kurfürsten
und Könige es in Brandenburg und Preußen gegeben hat, soviele Bau-
meister hat die Stadt Berlin gehabt. Vom Großen Kurfürsten an sind
die Paläste, Häuser und Institute, die jeder von ihnen hat gründen
lassen, äußerst zahlreich. Jede große Epoche preußischer Geschichte haben
sie durch klassische Denkmäler und Monumente dargestellt. Dieselben
konzentrieren sich meist zwischen den majestätischen Plätzen und Palästen
von der langen Brücke bis zu „den Linden", wo inmitten das Schloß