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1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 467

1890 - Gotha : Behrend
Berlin. 467 der Hohenzollern ragt und Hinübersicht nach dem „Großen Kurfürsten", dort nach dem „alten Fritz", bei dem in der Nähe die Helden der Freiheitskriege um den alten Blücher ihre Standplätze gefunden haben. Berlin macht in seinen meisten Teilen nicht den Eindruck, daß es „gelebt hat", wie andere Großstädte. Auch diese haben Partieen, die diesen Charakter tragen, aber daneben viele ehrwürdige und großartige Erinnerungen an eine frühe Vergangenheit. Mitten aus dem Gewühl und Getreibe der Neuzeit hebt Notre Dame ihre ehrwürdigen Stumpf- türme, schießt die Pyramide des Stephan aus: Berlin hat wenig Kirchen, wiewohl ihre Zahl sich seit dreißig Jahren mehr als verdoppelt hat, und unter den alten ist keine ausgezeichnet. Wie die Hauptstadt nicht von serne durch einen Wald von Türmen angekündigt wird, so durchdringen im Innern die meist dünnen Kirchenglocken nicht das Getöse eines großstädtischen Verkehrs. Auch sonst ragen keine groß- artigen Reste aus einer mittelalterlichen Vergangenheit in die Gegenwart hinein; sie erscheint poesielos, ohne jegliche Romantik, modern und — gemacht. Aber die bloß von Kunst und Laune und ohne Rücksicht auf bleibende Naturverhältuiffe begründeten Städte und Sammelplätze der Bevölkerung haben begreiflicherweise eine geringere Dauer als die, bei denen die Natur selber das entscheidende Wort sprach. Jene wechseln und vergehen mit den Persönlichkeiten und mit dem Wandel der poli- tischen Verhältnisse, diese sind in ihrer Bedeutung und Größe bleibender, wie die Natur selbst es ist. Gehört nun Berlin zu den launenhaften Städteschöpfungen, so sind doch die Kolonisten und Bürger den Fingerzeigen und Anordnungen der Fürsten, wenn man den Bauzwang unter Friedrich Wilhelm I. nicht zu stark betont, äußerst willig gefolgt. Die Fürsten sind es nicht müde geworden, an diesem Fleck immer neue Bauten zu unternehmen und ungeheuere Kapitalien zu seiner Förderung aufzuwenden, was der einer entschiedenen Ungunst der Lage doch am Ende gewiß der Fall gewesen wäre. Handel, Gewerbe, freie Künste und alle anderen Bevöl- kernngselemente, die nicht den Befehlen zu folgen gewohnt sind, haben sich bis auf die letzten Tage herab in Menge neben den Machthabern angesiedelt und werden sich voraussichtlich infolge der Ereignisse der letzten Jahrzehnte in immer höherem Maße hier konzentrieren. Es muß daher wohl in der Lage Berlins noch etwas anderes als fürst- liches Belieben, es muß wohl auch viel nicht sogleich in die Augen springende Naturnotwendigkeit in ihr zu erkennen sein. Bei genauerem Nachforschen werden in der Gestaltung und Gliederung der Berlin umgebenden Landschaften und Gewässer, in der Richtung der mehr oder weniger benachbarten und entfernten Flußliuien, in der Stellung der ^tadt zu den von ihr aus erreichbaren Meeresbecken und Seeküsten und endlich in ihrem Verhältnisse zu dem Bevölkerungsgebiete des gesamten Norddeutschlands gewisse natürliche und bleibende Umstände zu Tage treten, die den Ort zu einem notwendigen und naturgemäßen Kreuzungs- und Zentralpunkt des Verkehrs machten und die preußischen 30*
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