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1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 520

1890 - Gotha : Behrend
520 Bilder aus der norddeutschen Tiefebene. kammer für die gesamte Hausgenossenschaft. Dicht neben der Wohn- stnbe ist eine geräumige Einfahrt, worin Ackergeräte, Wagen und Pferde stehen, welche letztere selbst dem Ärmsten nicht fehlen, da der Bauer ohne Pferd sein steiniges Feld gar nicht bearbeiten kann; sie sind freilich darum auch kleiu, rauhhaarig, das Stück für 30—36 Mark zu haben. Ein abgesonderter Teil der Einfahrt bildet den Schweinestall; doch süttert der Masur alten Schlages gern alles Jungvieh, Füllen, Ferkel und Kälber, wenn er solche erschwingen kann, in der Stube; das Federvieh residiert hinter dem Ofen. Man vernimmt daher in solcher Wohnstube das sinnverwirrende Geschrei einer ganzen Menagerie. So- bald das Feuer auf dem kolossalen Kamine brennt, wird die Stube dunkelschwarz von Rauch. Das Mobiliar iu solch einer Bauernhütte, die durch einige kleine, erblindete Fensterscheiben spärlich erhellt wird, kann nicht einfacher sein: ein Tisch, eine Bank an zwei Wänden, eine andere um deu Ungeheuern Lehmofen, eine breite Bettstelle, worin Mann, Frau und Kinder schlafen, ein großer, buntbemalter Kasten und eiu Kleiderschrank, ein hölzernes Gestell mit Töpfen, Schüsseln und hölzernen Löffeln, das ist alles. Nur darf draußen ein bunter Fensterladen nicht fehlen. Federbetten kennt die Mehrzahl der Mafureu uicht, statt ihrer hat mau Moos- und Hen- kissen: ein Spiegel ist vielen ein Luxusartikel. Eine Uhr wird selten getroffen, und die wenigsten verstehen es. sich nach ihr zu richten. An Winterabenden brennt fortwährendes Kaminfeuer und eiu Kienspan, den man in einer Spalte der Wand oder oben im Gebälk befestigt; Talg- lichte kommen nur auf Dorfbällen vor. Der Ofen ist im Winter glühend heiß, denn Holz giebt es vollauf; auf ihm schlafen die Kinder, und die Hitze in der Stube ist so groß, daß Erwachsene halb nackt, Kinder aber wie zur Sommerszeit fast nackt umherlaufen. Ein solches Haus kostet nicht mehr als 90 Mark; das Holz dazu weiß der Bauer sich für ein Billiges zu verschaffen. Jeder Bauer ist dabei selbst der Bauherr. Auch helfen sie sich gegenseitig beim Aufbau ihrer Wohnungen. Eisen braucht man dazu höchst selten; Nägel, Thürangeln, Schlösser sind aus Holz. Die Nahrung der Masureu besteht meistens aus Kartoffeln, welche Frucht gerade im saudigen Boden am besten gedeiht; Brot und Mehl- speisen sind sür viele schon Leckerbissen. Die ärmeren Leute esseu ihre Kartoffeln ohne Butter, nur mit Salz, höchstens mit einem Schnittchen Speck; dagegen ist der Branntwein, ein fuseliger Kartoffelspiritus, all- beliebt, so sehr auch von Seiten der Geistlichen und Schuleu dagegen ge- predigt und gewirkt wird. Der Masur hat es im Genüsse seines „Wnttki" zu einer hohen Virtuosität gebracht; dieser wird uicht nur getrunken, sondern mit etwas Honig versüßt und angebrannt auch als „Brensel" gegessen. Kinder, die noch an der Brust saugen, erhalten leider auch zuweilen als Schlaftrunk einen Schluck Kartoffelschnaps. Sämtliche Masuren sind evangelisch, bis auf den Rösseler Kreis, haben aber noch eiue Menge katholischer Gebräuche; sie feiern die Feier- tage der katholischen Kirche zum Teil uoch mit, wenigstens durch Ein-
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