1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Der Jnselkranz Ostfrieslands.
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solchergestalt durch schichtenweise Ablagerungen, welche auch in den vor-
handelten Dünen meistens wiedererkannt werden. An vielen Stellen
sind die Dünen in fortwährender Wanderung begriffen, d. h es findet
eine jährliche Fortbewegung ganzer Dünenreihen landeinwärts statt.
Indem das Meer die Ufer aushöhlt und abbricht, stürzen die äußern
Dünen herab, und dieselben Ursachen, welche diesen ihre Entstehung ge-
geben haben, rufen an der gleichen, nur weiter eingerückten Stelle neue
hervor, während zugleich die hiuterlieqeuden weiter ins Land getrieben
werden. In einzelnen Jahren ist diese Fortwanderung wenig bemerk-
bar; in andern, wo anhaltende heftige Stürme herrschen, kann das
Einrücken viele Meter betragen. Ganze Dörfer haben solchergestalt im
anrückenden Sandmeere ihren gewissen Untergang jahrelang vor Augen
gesehen und sind endlich, von den Dünen völlig begraben, uutergegan-
gen, bis das nachdringende Meeresufer auch über sie hinweggezogen
und nun, was einst die Erde verschlungen, in des Meeres Tiefe wieder-
gefunden worden. Lewald, Kohl, Allmers und Hobirk.
2. Der Jnselkranz Ostfrieslands.
Von der Ems bis zur Jade säumt eine Reihe von Inseln die Küste
Ostfrieslands und der angrenzenden Landesgebiete, von denen Borkum,
Jnist, Nordernei, Baltrum, Langeoog und Spiekeroog der Provinz Hannover
angehören. Diese Inseln sind teils unter sich, teils mit dem Festlande
schlickfest, das heißt, die sie umgebenden Watten sind teilweise so wenig
vom Waffer des Meeres überspült, daß sie zur Zeit der Ebbe für den
Fußgänger oder auch wohl für Wagen zugänglich sind.. Überhaupt
verändert sich das Ansehen dieser Inseln zur Zeit der Ebbe gänzlich.
Während die Flut nicht allein hoch an sie herantritt, sondern einzelne
an verschiedenen Stellen sogar noch mit Wasser überzieht, so daß
dieselbe Insel in mehrere kleinere zu zerfallen scheint, dehnt sich der
Bereich aller dieser Inseln zur Ebbezeit weit hinaus oder erscheint als
eine ununterbrochene Fortsetzung der Küste; die Watten erscheinen wie
die weite Fläche eines völlig wüsten und wilden Landes, auf dessen
Rücken hier und dort in den Vertiefungen des Sandes große Waffer-
lachen stehen geblieben sind, die nur einige Fuß tief und spiegelblank
sind. Die Sonnenstrahlen üben ein reizendes Lichtspiel auf denselben
aus, das die niederländischen Maler oft in ihren Ebbe- und Flut-
gemälden zu hübschen Effekten benutzt haben.
In allen Verhältnissen haben unsere Küsteninseln soviel Gleiches
und Ähnliches, daß jedem Fremden die überall hervortretende Einförmig-
keit sofort ins Auge fällt und mancher vergnügungssüchtige Badegast
mit Recht behauptet: „Wer eine gesehen hat, kennt sie alle!" Freilich
findet man im einzelnen manches Eigentümliche. Die den großen
Strommündnngen und Fahrwassern vorgelagerten Inseln, wie Borkum,
Texel und Neuwerk mußten für die Seeschiffahrt und damit für die
Geschichte besondere Bedeutung gewinnen und ihre Bewohner selbst schon
früh auf die Schiffe locken. Borkum war beispielsweise der Punkt,