1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bilder von der deutschen Küste.
schäftigt sind. Alle Taue sind an einen Block befestigt, der gleichmäßig
aufgezogen wird und beim Niederfallen den Pfahl in den Sand ein--
rammt. Der Leiter der Arbeit muß ein guter Sänger sein, der mit
taktmäßigem Gesang die andern leitet. Die Lieder sind einfach, bei der
Arbeit entstanden und meist plattdeutsch; sie haben trotz ihres gleich-
gültigen Inhalts einen ernsten, fast melancholischen Klang. Hier ein
Beispiel:
„Wo (Je) hooger, dat hei geit, wo dieper, dat hei sleit;
Hoog an de Steern, dat hett de Meister geern,"
Am Kopfende der Buhnen kann nur bei Ebbe gearbeitet werden;
oft benutzt mau deshalb auch die Nachtzeit, und die Arbeiter stehen
nicht selten bis an die Brust im Wasser. Auf die eingetriebenen Pfähle
rammt man grünes Buschwerk, darauf wird Geröll gelegt und die
Buhne durch schwere, oft 5 Centner wiegende Steinblöcke zum Abschluß
gebracht. An ihr bricht sich die Welle und gleitet in Form eines
Dreiecks ans Ufer; ein einziges Exemplar kostet 20 000 Mark. Unsere
Regierung hat im Jahre 1880/81 zur Sicherung der deutschen Nordsee-
inseln 300 000 Mark ausgeworfen.
Das Watt ist der 2 bis 3 Meilen breite, seichte Meeresteil, dnrch
den die Inseln vom Festlande getrennt werden. Über das Watt sind im
Innern unseres Landes unklare Vorstellungen verbreitet. Die Etymo-
logen bringen das Wort mit „Waten" in Verbindung. Thatsache ist,
daß dasselbe bei jeder Flut schiffbar wird und bei jeder Ebbe trocken
läuft. Dann erscheint es wie eine dunkle Fläche, die nur au den
tiefsten Stellen, in den „Balgen", noch Wasser behält. Die Balgen
bezeichnen bei noch nicht völlig eingetretenem Hochwasser das Fahrwasser
der größeren Wattschiffe. Oft sind es die Fortsetzungen der kleinen
natürlichen und künstlichen Gewässer des Festlandes, der „Tiefe", die
zur Entwässerung dienen. Wo sie durch den Deich in den Körper des
Watts eindringen, liegen am Norddeich die „Sielen". Denselben Namen
tragen auch die um die Schleuse entstandenen Ortschaften, von denen
man nach den Inseln abführt; vor Langeoog liegt Bensersiel, vor
Spiekeroog Neuharlingersiel und vor Nordernei Hilgenriedersiel. Zwischen
den beiden letzteren besteht zur Ebbezeit eine Verbindung über Land.
Da, wo uoch vor einigen Stunden der Bremer Dampfer fuhr, kommt
man alsdann trockenen Fußes durch. Früher fuhr hier auch die Post,
und mancher Badegast ist so nach Nordernei gekommen; freilich kam es
auch vor, daß die Passagiere sich bei früh eintretender Flnt auf die
Wagensitze flüchten mußten, um trocken zu bleiben. Auch alle Bade-
wagen siud auf diesem Wege nach der Insel gebracht. Wenn im Winter
das Eis die Schiffahrt auf dem Watt nicht mehr zuläßt, geht auch jetzt
noch eine Botenpost über Watt. Eine Wattreise zu Fuß oder zu
Wagen ist nicht ohne Interesse; zur Sicherheit der Passanten ist in
Hilgenriedsiel ein Wattführer angestellt, dem man sich ohne Gefahr an-
vertrauen kann. Auch Juist und Baltrum werden gelegentlich zu Fuß
erreicht. Leider hat das Watt schon oft betrogen und manches beklagens-