1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Unsere beiden großen Seehandelsstädte.
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brauchen wir nur um die Ecke und nach einer über das Fleet führen-
den Brücke zu biegen, um uns nach wenigen Schritten in einer Welt
der Abgeschiedenheit und Stille zu befinden. Schwerfallig ziehen hier
die Schuten durch das oft tief beschattete Gewässer einher; langsam und
sicher heben sich die Warenballen mittels Flaschenzüge oder Dampf-
winden, oft bis zu einer Höhe von sechs oder sieben Stockwerken, empor.
Hier und beim Ausladen der Waren aus den Schiffen im Hafen kann
man eine Vorstellung von der ungeheuren Fülle und Mannigfaltigkeit
des Hamburger Handels bekommen. Da sieht man Säcke mit Kaffee
und bunte Kisten mit Thee; Ballen mit Baumwolle oder Wolle; Tabak
in gewaltigen Fässern wie in Ballen, welche von Ochsenhäuten um-
geben sind, oder in sonstigen Verpackungen; Wein-, Herings- und Pe-
troleumsässer; getrocknete Fische, die Holzscheiten ähneln, und gesalzene
Tierhäute; mächtige Blöcke verschiedener Holzarten und langgestreckte
Eisenplatten. Diese und tausend andere Dinge in den vielseitigsten
Arten und Verpackungen: Getreide und Zncker wie Südfrüchte und
Gewürze, Spielsachen und landwirtschaftliche Maschinen wie Stein-
kohlen und sonstige mineralische Stoffe, — sie kommen seewärts oder
gehen übers Meer in die Ferne. Nord und Süd begegnen sich. „Was
dem glühenden Strahl Afrikas Boden gebiert, was Arabien kocht, was
der äußerste Norden bereitet/' das schüttet der Kaufmann hier auf den
heimischen Strand.
Die Glocke der alten St. Katharinenkirche schlägt ein Uhr. Bald
strömt es von allen Seiten der Börse zu; ihre beiden großen Säle
füllen sich mit Kaufleuten. Der Fremde, der bloß ein neugieriger Zu-
schauer ist, wird auf die Galerie geführt und kann von hier aus die
große Halle, die von Käufern und Verkäufern wimmelt, bequem über-
sehen. Man sieht Tausende von Herren dicht gedrängt bei einander
stehen, in eifrigem Gespräche begriffen. Die Mäkler, welche die Ge-
schäfte zwischen Käufern und Verkäufern vermitteln, eilen rastlos da-
zwischen hin und her, schreiben stehend ihre Schlußzettel, suchen hier zu
schlichten, sind aller Aufträge gewärtig und haben für jede Frage eine
Antwort, für jedes Bedürfnis ein Auskunftsmittel. Es ist ein anzie-
hendes Bild, eine solche Börsenversammlung. Man hört keinen Ruf,
kein schreiendes oder lautes Wort; aber ein eigentümliches Brausen von
allen den vielen Stimmen dringt an das Ohr, als stände man an der
Brandung des wogenden Meeres. Hier und da zieht eine Person un-
sere besondere Aufmerksamkeit auf sich. Dort steht ein Schiffskapitän,
der eben angekommen ist, mit noch etwas gespreizten Beinen, als ob
das Festland dem unruhigen Weltmeere gleiche, den breiten Hut in die
Augen gedrückt, vor seinem Reeder, einem jungen, elegant gekleideten
Mann mit^ ernsten Zügen; neben diesem steht ein schon älterer Herr,
offenbar sein Bruder; die Sonne tropischer Länder, in denen er sich
viele Jahre in Geschäften seines Hauses aufgehalten, hat fein Gesicht
gebräunt. Das sind Kaufleute, die Welt und Leben kennen! Ihr
Blick schweift über den Ocean, wo sie Kontore besitzen wie in Hamburg,
wo ihre Firma gekannt und geachtet ist, wie daherm. Bei solchen