1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bilder von der deutschen Küste,
leiteten. Die bösen Dünste des Untergrundes verursachten häufiges
Fieber in den Reihen der Arbeiter, denen es noch dazu an gesundem
Trinkwasser gänzlich fehlte. An ein genügendes Unterkommen war nicht
zu denken; selbst hohe Beamten mußten sich in Baracken behelfen. Wer
damals nicht die kolossalen Schlickgruben mit ihren fortwährend arbeiten-
den Dampfpumpen, die auf hohem Gerüste die Luft nach allen Seiten
durchkreuzenden Wafferrinuen, wer namentlich die bis zur Unkenntlichkeit
von dem schlammigen Erdreich bedeckten Arbeiter nicht gesehen hat, der
erkennt die geleistete Arbeit um so weniger, als der größte Teil derselben
in der Erde verborgen sich den Augen des Beschauers entzieht.
Den am weitesten in die Jade vorgeschobenen Teil der Hafen-
anlagen bilden die Molen, welche die Hafeneinfahrten einfassen. Der
Bau derselben war mit den größten Schwierigkeiten verbunden, weil im
Wasser auf fast unergründlichem Schlickboden gearbeitet werden mußte.
Zur Gewinnung des Fundaments für die Molen der neuen Hafen-
einfahrt wurden zwei Reihen mächtiger Balken von 4 m Abstand unter
Wasser eingerammt und der Zwischenraum mit einem Gemisch von
Ziegelbrocken und Cement ausgefüllt, worauf man mit großeu, 1 m
dicken Blöcken von Backsteinen zu mauern begann. Diese Blöcke wurden
auf kleinen Wagen, sogenannten Lowren (spr. Loren), mittels einer
Lokomotive zur Baustelle geschafft. Daselbst war die ganze Mauer
entlang ein hohes Holzgerüst errichtet, auf welchem ein „Hund', d. i.
ein kleiner eiserner Wagen, lief, von dem aus starke Ketten und Flaschen-
züge auf den Boden reichten. Indem nun die Lowre unter den Hund
lief, hob dieser mit Hilfe starker Ketten den Block empor und legte ihn
genau an die Stelle, wo er versenkt werden sollte. Hier gab ein
Taucher ihm die richtige Lage und löste die Ketten. Sobald die Mauer
den Wasserspiegel erreichte, mauerte man mit der Hand weiter, bis sie
etwa 1 m über die gewöhnliche Fluthöhe hinausragte, und bedeckte
endlich das Ganze mit Granitblöcken. Zwischen den Molen des alten
Hafens liegt die 220 m lange und 93 m breite Hafeneinfahrt,
welche die einlaufenden Kriegsschiffe zunächst passieren müssen. Dann
solgt nach Öffnung einer Schleuse der ähnlich lange und noch breitere
Vorhafen, aus welchem die Schiffe durch eine zweite Schleuse in den
1130 m langen und 84 m breiten Kanal gelangen, an dessen Nord-
seite der Ausrüstuugs- und der Baggerhafen liegen. Dann erst
folgt der eigentliche Kriegshafen, 360 m lang und 280 m breit,
welcher mit dem kleinen anliegenden Bootshafen 12 ha Fläche hat.
Durch eiserne Thore getrennt, schließen sich im Westen an den Kriegs-
Hafen die Trockendocks an, gewaltige aufgemauerte Bassins, die
mittels einer Dampfpumpe geleert werden, wenn schadhaft gewordene
Schiffe in Reparatur kommen; daneben liegen die Hellinge, auf
welchem die Panzerschiffe gebaut werden. Die Magazine mit dem
Inventar der einzelnen Schiffe sieht man nördlich vom Hasen, im
Süden befinden sich die Werkstätten, darunter die Kesselschmiede mit
ihrem betäubenden Lärm. Der schwerste der drei Hämmer in der Dampf-