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1. Bd. 1, Abth. 1 - S. 158

1874 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
158 Zur physischen Geographie. Wenn von den Weideländern der Kirgisen der erste Hauch des Früh- lings die mächtige Schneedecke hinweggenommen hat, dann brechen, als habe ein Zauberstab die Erde berührt, mit den Gräsern zahllose Tulpen, Hyazin- then und Krokus hervor, Gruppen hoher Malven und Königskerzen richten sich auf, und das Tausendgüldenkraut bildet rothschimmernde Inseln. In dem blühenden, duftenden Reviere bewegt sich ein reiches, vielgestaltiges Thier- leben: neben dem fettschwänzigen Schaf das halbwilde Tabunpferd, neben dem Kameel der graue Ochs, dessen Heerden lauernd der Wolf umschleicht; Flüge von Kranichen, Reihern und Trappen streichen über die Fläche; Pfeifhasen, Murmelthiere und andere Nager durchwühlen den Boden. Aber rasch, wie er gekommen, verschwindet unter der ausdörrenden Wärme jener hinfällige Flor. Nun decken graugrüne Wermuthstauden die salpeterhaltige Blöße des Bodens', und Disteln steigen zu waldartigen Gebüschen an, in denen ganze Feldlager mit Roß und Reiter sich verbergen könnten, bis allgemach auch diese härtere Vegetation welkt und verfällt und gegen Ende des Sommers nur ein uuabsehliches, schwarz verkohltes Staubgefilde sich ausdehnt. Der erhitzte Boden klafft und lechzt vergebens nach Regen. Vergebens auch sucht der Tatar in den Eutern seiner Stuten nach einen: nährenden, erquickenden Tropfen, vergebens der Tscherednik seinen Kühen einen Trunk Milch abzu- gewinnen: Mensch und Thier sind gleicherweise den Qualen des Durstes preisgegeben. Alles sehnt sich nach dem Herbste, und wenn dann die ver- siegten Quellen wieder fließen und eine befruchtende Kühle über die versengte Steppe weht, dann sprießt wohl noch einmal, wie im Wiederscheine des Früh- lings , eine Nachblüte auf, freilich nur, um unter den schneidenden Polar- winden — den Vorboten des Winters — wieder zu versiuken. In den Grnndzügen nicht wesentlich verschieden ist das Bild, welches die Steppen anderer Erdstriche gewähren. Im hohen, wasserarmen Daunen breiten salzliebende Lilien ein leuchtendes Blau über die Frühlingssteppe, und Zwiebelgewächse verwandter Art erfüllen in Südafrika die Karroo nach den Tagen der kühleren Regenzeit mit gewürzhaftem, fast betäubendem Wohlgeruch, während in den Prairieen Nordamerikas Dahlien, Astern und Goldruthen an ihre Stelle treten und nur in den Pampas neben dem saftigsten Wiesen- wuchs schon von Anfang an starrblättrige Disteln zu unglaublicher Höhe mch schießen. Auch hier schweifen zahllose Heerden der Hnfthiere umher, und anch dort folgt dem üppigen Frühlinge die sommerliche Wüste, wie sie der deutsche Dichter so treffend als kurz geschildert hat: Sie dehnt sich aus von Meer zu Meere; Wer sie durchritten hat, den graust. Sie liegt vor Gott in ihrer Leere, Wie eine leere Bettlerfaust. Die Ströme, die sie jach durchrinnen;
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