1874 -
Halle
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Masius, Hermann
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Zur physischen Geographie.
verdrängt werden. Ihnen dient die in endlosen Flächen den Boden überziehende
Cardua-Artischocke zur Nahrung. Aber auch diese Gegend ist regenarm, und
wenn sie in manchen Jahren von ungewöhnlicher Dürre heimgesucht wird,
dann versiegen die kleineren Gewässer, die Disteln verdorren, und das ganze
Land von Buenos Ayres bis Santa Fe hüllt sich in eine ungeheure Staub-
masse. Die Herden stürzen in die größeren Flüsse, um ihren brennenden
Durst zu löschen, aber zu kraftlos, um das Ufer wieder zu gewinnen, werden
die Thiere zu Hunderttausenden ein Raub der Wellen.
Noch näher, als an den beiden Abhängen jener südamerikanischen Gebirgs-
kette, treten üppigste Fluren und öde regenlose Wüstenflächen in Arabien
aneinander, wo der südliche Theil seines belebenden Wasserreichthums wegen
stets „der glückliche" geheißen, und in Persien, wo man aus dem „sinne-
berauschenden" Frühling Jsphahans oder aus Schiras, dem Lande der
Nachtigallen und Rosen, in die ausgedörrten Salzsteppen von Iran tritt.
Wo sich der Nil durch die nubische Wüste und durch Oberägypten windet,
verbreiten seine von tropischen Regen geschwellten Gewässer, hier auf einige
Meilen, dort auf wenige hundert Schritte, eine wunderbare, das ganze Land
nährende Fruchtbarkeit. Ohne jenen Strom, an dessen blühendm Ufern man
zu den ältesten Erinnerungen menschlicher Gesittung hinaufsteigt, würden die
libysche Wüste und das steinige Arabien sich hier die dürre, todbringende Hand
gereicht haben, seit jener frühen Zeit, als die nordafrikanische Ebene dem
Meere entstieg.
Aber während die Fluten des Nils nur unter sorgsamer Leitung dem Sande
der Wüste einen schmalen Saum abzugewinnen vermögen, prangt die Wasser-
reiche Gebirgswelt von Habesch in frischen: Grün, und die Tropenregen rufen
im Gebiete des weißeu Flusses, in Sennaar und dem Lande der Nnbaneger,
eine unendliche Fülle des Lebens hervor. Da ragt die majestätische Delebb-
Palme, der Sotor mit seinen großen purpurfarbenen Kelchblumen und an
langem, seilähnlichem Stiele herabhängenden Früchten; und mit ihnen mischen
sich Adansonien, Tamarinden, Mimosen- und Weihrauchbäume in undurch-
dringlichem, von Schlingpflanzen verwebtem Urwalde. Cactus, Euphorbien,
riesenmäßige Feigenbäume mit Kronen von mehreren hundert Fuß im Umfang,
und mit ihren Aesten anfs neue in der Erde wurzelnd; eine Vogelwelt in
reichster Farbenpracht; Herden von Löwen, Elefanten, Antilopen, Affen, —
dies alles sind nur einzelne Züge aus dem Bilde jenes reichen tropischen
Lebens.
Tausendfältig müßten wir die bekannten Schilderungen wiederholen,
wollten wir dem Reichthum der Tropennatur in der alten und neuen
Welt einen Ausdruck geben. Unermeßliche Urwälder, nie von der Axt berührt,
Grassteppen, weit wie das Meer, dehnen sich in jenen Länderstrichen aus,