1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Thomas, Louis
- Auflagennummer (WdK): 10
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
46 Die Eroberung von Sibirien durch die Kosaken.
Strogonow. Zar Iwan Iv., der ihre Tüchtigkeit zu schätzen und die
Schutzmauer, die sie gegen Osten hin bildeten, zu würdigen wußte, erteilte
ihnen neue Privilegien, auf Gruud deren sie nun befestigte Dörfer, so-
genannte Ostrogs, und kleine Städte im Gebiete der westuralischeu Ströme
erbauten. Zur Verteidigung derselben brauchten sie Soldaten, und da
der Ruf ihres Reichtums und ihrer Freigebigkeit weithin durch das Zaren-
reich erschallte, kamen zu ihnen bald abenteuerliche Gesellen, bald ehrbare
Männer, die ihr Glück zu machen suchten, um sich ihren kriegstüchtigen
Mannschaften einreihen zu lassen.
Damals wohl haben die Deutschen den wilden Ural und die fremden
Völker, die an seinem Fuße Hausen, zum erstenmal gesehen, denn die
Handelsdiener der Strogonow, ihre „Waibel", welche die Truppen ein-
exerzierten, die Korrespondenten, welche in den Faktoreien die Rechnungen
zu führen hatten, die Beamten und Zahlmeister gehörten dieser Nation
fast ausschließlich an. Und diese fleißigen, ehrlichen Männer entsprachen
ihrer Aufgabe.
Im Süden von Sibirien, in der Nähe des heutigen Urga, lag die
altberühmte Mongolen-Hauptstadt Karakorum. Dort thronte zu Ende des
12. und zu Anfang des 13. Jahrhunderts Dschengischan, der Schrecken
der Alten Welt. Wie ein Wirbelwind erhob sich, von seinem Dämon ge-
trieben, das Volk der Mongolen und wurde zur weltverheereuden Macht.
Asiens und Osteuropas Kultur erlag diesen wilden Horden, die aus dem
innerasiatischen Wüstenmeere hervorbrausten und sich nach Westen zu bis
an die Oder, nach Osten bis zum Japanischen Meer ergossen und zugleich
vom Persischen Golf bis zum Eismeer fluteten! Nach dem Tode des
gewaltigen Weltstürmers zerfiel das mächtige Reich, dem der innere Halt
fehlte, in einzelne Glieder und Trümmer, welche jedoch unter mongolischen
Herrschern als selbständige Teile bis auf unfre Tage noch fortexistieren.
Ein solcher Teil war das Chauat Tnran, welches Scheibani um die Mitte
des 13. Jahrhunderts in der jetzigen Kirgisensteppe gegründet hatte und
durch Eroberungen nach Norden zu immer weiter ausdehnte. Seine erste
Residenz stand an der Thura, da wo sich jetzt Tjumen erhebt, und hieß zu
Ehren des mongolischen Großchans Dschingidin. Späterhin verließ man
diese Stadt und die Chane nahmen ihren Sitz am Ostufer des Jrtysch,
wo sie die Stadt Jskir, die in der Folge Sibir genannt wurde und daraus
dem ganzen ungehenren Lande den Namen gab, in der Nähe des heutigen
Tobolsk gründeten. Dieses mongolisch-tatarische Reich erhielt sich bis in
die Zeit, welche wir hier zu schildern versuchen. Der letzte Chan von
Turan war Kntschum, ein Abkömmling der Dschengischan aus der
Kiptschakischen Linie. Er führte zuerst den Islam nach Sibirien und
suchte ihn durch alle Mittel auszubreiten, stieß hierbei aber auf die Stro-
gouow. Durch deren Vermittlung hatte bereits 1555 Judiger, Chan von
Turan, die Oberherrschast Iwans anerkannt, ihm einen jährlichen Tribut