1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Thomas, Louis
- Auflagennummer (WdK): 10
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
154 Die ozeanische Inselwelt.
einen Stiel zurecht, da ihm die europäische Handhabe nicht paßt. Das
Beil wird iu seiner Hand zu einer furchtbaren Angriffs-und Verteidigungs-
Waffe. Die Bewohner der verschiedenen Inseln leben in beständigen Kriegen
miteinander, so freundschaftlich sie den Europäern auch oft entgegenkamen,
so konnten dieselben doch nicht genug auf ihrer Hut feiu, da Treulosigkeit
ein hervorstechender Zug ihres Charakters zu sein scheint.
Südwestlich von den Neuen Hebriden liegt die 16 762 qkm große
Insel Neukaledonien. Dieselbe ward nebst mehreren daran liegenden
Jnselchen am 4. September 1774 von Cook entdeckt, indem er von dem
Heiligengeist-Archipel südwestlich schiffte. Der genannte große Seefahrer
entwirft ein ziemlich freundliches Bild von den Bewohnern dieses Landes,
indem während seines Aufenthaltes nichts Unangenehmes sich zutrug. Später.
1792, kam der Franzose d'entrccasteaux hierher und sprach sich im ent-
gegengesetzten Sinne über sie aus. Sie gehören gleichfalls zu der Papua-
raffe und wurden von dem letztgenannten Reisenden als freche Diebe, wild
und streitsüchtig und als Menschenfresser erkannt. Man fand benagte
Menschenknochen bei ihnen und entdeckte jenes abscheuliche Instrument,
dessen sie sich zu bedienen pflegen, um ihren Schlachtopfern den Bauch auf-
zureißen. Mit menschenfrefserischer Lüsternheit betrachteten sie die kräftigen
Körper der Fremden, wobei sie ausriefen: „Kap parec", d. h. sehr gut.
Ein Gürtel war ihre einzige Kleidung.
Zur Erntezeit feiern die Bewohner Neukaledoniens, welche man auch
oft, wie die Südsee-Jusulauer insgemein, Ka n aken nennt, das sogenannte
Pilupilufest. Hierbei findet eine Verteilung von Nahrungsmitteln statt,
ein großer allgemeiner Schmaus, und schließlich ein einfacher Tanz, bei
welchem die Weiber einen großen Kreis bilden, den im Innern eine
kleinere Gruppe, mit grünen, blühenden Zweigen ausgestattet, umtanzt.
Ein Franzose, der diesem Feste zuschaute, faud, daß dasselbe eiu
trauriges Nachspiel hatte. Durch einen Eingeborenen aufmerksam gemacht,
fand er in einer Hütte zwölf Häuptlinge neben einein gewaltigen Feuer,
an dem man die Leichen erschlagener Feinde briet und auffraß. Deu
widerlichsten Anblick gewährte ein Greis, der einen ganzen Schädel ab-
nagte. Der alte Dämon hatte bereits alle fleischigen Teile, die Nase und
die Backen abgezehrt; nun grub er mit einem Stäbchen die Augen aus
und suchte dann zum Gehirn zu gelangen, indem er durch Aufschlagen des
Schädels anf einen Stein die weichen Teile herausschüttelte und ganz ver-
schlang. Endlich legte der schlane Alte, um nichts zurückzulassen, den
Schädel mit der Rückseite ins Feuer, die Hitze löste das Gehirn, und bald
war es ganz aufgezehrt.
Neukaledonien ist in französischem Besitz, und die Regierung hat nicht
unbedeutende Summen daran gewendet, um diese reiche, fruchtbare Insel
für das Mutterland nutzbringend zu machen. Doch hier, wie überall,
haben die Franzosen ihre Unfähigkeit zu kolonisieren bewiesen und nur