1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Thomas, Louis
- Auflagennummer (WdK): 10
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Zusammentreffen mit der „Jsabella". 241
dennoch dem Schiffe näher. Da erhob sich ein Wind, das Schiff setzte alle
Segel bei und fuhr südöstlich. Um 10 Uhr erblickte man ein zweites
Schiff, aber dieses entfernte sich rasch. Es war der schrecklichste Augen-
blick, den die Verlassenen erlebt hatten. Zwei Schiffe in der Nähe zu
wissen und sie doch davoneilen zu sehen! Doch der Himmel hals, es ward
wieder windstill, man konnte schnell vorwärts rudern, und um 11 Uhr
erkannte man deutlich, wie das eiue Schiff beilegte und ein Boot ins
Wasser ließ, das auf die Boote zuruderte. Es war bald in der Nähe und
der befehligende Steuermann fragte, ob man das Schiff verloren habe.
Roß nahm das Wort und erkundigte sich nach dem Namen des Schiffes
und bat, an Bord genommen zu werden. Man antwortete, es sei die
„Jsabella" von Hull, einst von Kapitän Roß befehligt. Roß erwiderte:
„Ich bin selbst der Kapitän Roß und diese Leute die Mannschaft der
„Vktory". Erst wollte der erstaunte Steuermann dieser Angabe keinen
Glauben schenken und bemerkte, Kapitän Roß sei schon seit zwei Jahren
tot; aber bald überzeugte er sich durch den bärenähnlichen Anzug, die
langen Bärte, das abgemagerte Aussehen, daß dem doch so sein könnte.
Man fuhr mm nach dem Schiffe zu, und kaum war der vorauseilende
Steuermann an Bord gesprungen, als die gesamte Mannschaft des Schiffes
auf dem Verdecke erschien und die Ankommenden mit Jubelruf begrüßte.
Schnell eilten sie an Bord, jeder war hungrig und mußte gespeist werden,
jeder war in Lumpen und mußte Kleider haben — es gab keinen, dem
das Waschen nicht unerläßliches Bedürfnis war. Alles geschah zu gleicher
Zeit: Waschen, Ankleiden, Essen, Rasieren! Eine Menge Fragen mußten
in buntem Durcheinander beantwortet werden. So sehr der Schlaf Be-
dürsnis war, so war man doch seit zu langer Zeit an eiu kaltes Bett auf
hartem Schnee oder nacktem Felsen gewöhnt, um auf einem guten Lager
schlafen zu können, und selbst Roß mußte das Bett verlassen und die Nacht
aus einem Stuhle zubringen. Der Kapitän der „Jsabella", Hnmphrey,
hatte den kühnen Versuch gemacht, durch die Prinz-Regents-Einfahrt bis
zu den Leopoldsinseln zu gelangen, wo er Spuren von Roß und der
„Victory" zu finden hoffte, denn Mannschaft und Schiff hielten sie längst
für verloren. Ein Eisfeld hatte ihm das weitere Vordringen unmöglich
gemacht.
Am 19. Oktober langte Roß nach einer Abwesenheit von länger als
vier Jahren in London an. Man kennt durch ihn die Lage des magne-
tischen Nordpols, das Land Boothia Felix und das Vorhandensein eines
Binnenmeeres, von welchem schon Franklin durch die Eskimos Nachricht
erhalten hatte.
Mittlerweile hatten die Engländer noch einmal versucht, die Aufgabe
der nordwestlichen Durchfahrt aus dem Landwege zu lösen. Von der ersten
Landreise, welche John Franklin von 1819—21 unternommen hatte, und
Buch b. Enld. Ii. Iß