1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Thomas, Louis
- Auflagennummer (WdK): 10
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
248 Die Entdeckung der Nord- und Südpolarländer.
wieder nach Spitzbergen zurück. In der Hinlopenstraße entdeckte Kolde-
wey verschiedene Inseln. Ter Kurs wurde dann nördlich gesetzt, und man
erreichte unter 16° 39' östl. L. die Breite von 81° 5', die höchste, welche
bis dahin von einem Segelschiffe erreicht worden war. Da im Norden der
Eisblink einem weiteren Vordringen keinen Erfolg versprach, so kehrte das
Schiff um und legte sich am 30. September wieder glücklich im Hafen von
Bergen vor Anker, von wo es am 10. Oktober nach Bremerhaven zurück-
kehrte. Diese erste deutsche Nordfahrt, die so glücklich von statten gegangen
war, sollte aber bald von einer noch glänzenderen übertrosfen werden.
Uberall zeigte sich dafür ein reges Interesse. Am 15. Juni ging die von
Di'. Petermann vorbereitete zweite Expedition von Bremerhaven aus in
See. Sie bestand aus dem neuerbauten Dampfer „Germania" unter Kolde-
Weys Leitung und der Schonerbrigg „Hansa", geführt von dem erprobten
oldenburgischen Kapitän Hegemann. Der Plan der Expedition, die von
mehreren tüchtigen Gelehrten begleitet wurde, war, die Ostküste Grönlands
zu erreichen, an derselben zu überwintern und so weit als möglich nach
Norden vorzudringen. Bis zur Insel Jan Mayen waren beide Schiffe bei-
stimmen geblieben, behutsam folgten sie der Eiskante; am 20. Juli trennten
sie sich bei hartem Westsüdwestwinde infolge eines leidigen Mißverständ-
niffes. Kapitän Koldewey hielt eine nochmalige Beratung mit Hegemann
für wünschenswert und gab der „Hansa" das Signal (coms within hail),
anf Rufweite heranzukommen; die „Hansa" verstand: long stay a speak,
was Hegemann auslegte, das Schiff folle des Eises wegeu weiter nach Westen
segeln, um das freie Wasser an der grönländischen Küste zu gewinnen. Er
setzte alle Segel ein, bald umschloß ihn dichter Nebel, und — beide Schiffe
sahen sich uie wieder. Die „Hansa" ging weiter, das Eis zeigte sich dichter,
und unaufhaltsam wurde das Schiff nach Süden getrieben. Am 28. Juli
erblickte man die grönländische Küste unter 72° 52'nördl. Br. und 16° 54'
westl. L. Bis zum 7. September wurden ununterbrochen Versuche ge-
macht, das Eis zu durchbrechen und höhere Breiten zu gewinnen, denn man
hatte die Insel Sabine als den Ort gemeinschaftlicher Überwinterung
bestimmt. Am 27. August war man wohl auch bis 74° 20' nördl. Br.
gekommen und der „Germania" bis auf höchstens 34 Seemeilen uahe gerückt,
dann hinderten aber Eis, Nebel und Windstille die Weiterfahrt. Zwischen
zwei Vorsprüngen eines großen Eisfeldes, das fpäter zum Rettungsfloße
wurde, lag das Schiff festgebettet da. Die Mannschaft suchte sich möglichst
bequem für den Winter einzurichten und erbaute auf dem Eisfelde, das
3000 Schritte breit und eben so lang war, etwa 11/2 m über den Wasser-
spiegel emporragte und 121/2 m unter denselben reichte, ein Winterhaus
aus Kohlenziegeln, welche man aus dem Schiffe herbeischaffte. Das Hans
lag etwa 450 Schritte weit vom Schiffe entfernt und war 6 m 28 cm lang,
4 m 70 cm breit und 2 m hoch; die Dachbekleidung bestand aus Segeltuch
und Schilfmatten.