1894 -
Weinheim (Baden)
: Ackermann
- Autor: Kleinschmidt, Arthur
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
I.
Im Hohen Worden.
Um die hehre Majestät, aber auch die grausigen Schrecknisse der
Polarwelt kennen zu lernen, denken wir uns auf ein seetüchtiges Schiff
versetzt, das dein fernen Grönland zusteuert.
Lustig streicht unser Fahrzeug durch die blauen Fluten; die Farbe
der reinen, durchsichtigen Wasser verrät uus, daß wir uns noch im Ge-
biete des warmen, für unsern Weltteil so überaus wichtigen Golfstromes
befinden. Weiter, rastlos weiter dringt das Schiff nach Nordwesten.
Allmählich ändert sich die Färbung des Wassers, bis sie endlich in ent-
schiedenes Grün übergeht. Der erfahrene Kapitän belehrt uns, daß wir
in den Bereich einer von Nordeu, also aus der Polnrwelt, kommeudeu
Strömung geraten sind. Die schmutziggrüne Färbung rührt vorwiegend
von einer Unzahl winzig kleiner, mit dem bloßen Auge gar nicht wahr-
nehmbarer Algen und niederer Tiere her; der freundliche Befehlshaber
läßt eine Portion davon auffischen, und leicht erkennen wir, daß jene
niederen Pslauzeugebilde eiueu üblen Geruch verbreiten und schleimige
Beschaffenheit besitzen. Uberraschend schnell ist der Wechsel in der Wasser-
farbuug vor sich gegangen; aus blauein Wasser gelangten wir in oliven-
grünes, dann in blaßgrünes. Im Bereich des Golfstroines zeigte das
ins Wasser gehaltene Thermometer noch 4° Wärme, hier, im eisigen
Polarstrom, kündet der Wärmemesser nur uoch 0° Wassertemperatur.
Da ruft der Mann im Mastkorbe plötzlich: „Segel ahoi!" und
deutet mit dem Zeigesinger der ausgestreckten Rechten nach Nordwesten.
Es ist bereits so furchtbar einsam in diesen Gebieten, wir haben uns
schon so an das Gefühl ungeheurer Entfernung von menschlichen Wesen
gewöhnt, daß wir den Kapitän fragend ansehen. „Sicher ein Walfisch-
fänger", erklärt der alte Seebär. „Treiben sich gerne in diesen Gegen-
den herum. Sind hier die besten Jagdgründe auf das Riesenwild."
Er giebt sodann mit ruhiger Stimme Befehl, ans das einsame Schiff
zuzusteuern. „Ist jetzt nicht viel mehr von Walen hier zu sehen," erzählt der
wackere Kapitän. „Gab eine Zeit, da fuhren jedes Jahr von Bremen
mehr als zwanzig, von den Weser- und Elbhäfen insgesamt zwischen
fünfzig und sechzig stattliche Schiffe iu die nördlichen Gründe ans und
erlegten vier- bis fünfhundert der specktragenden Ungeheuer. Vou
1770—90 brachten deutsche Schiffe 'die Ausbeute vou 2200 Walen heim.
Haben sich durch unvernünftige, rücksichtslose Allsnutzung selbst den
Klcinschm idt, Lebensbildern. i