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1. Bilder aus Amerika - S. 47

1894 - Weinheim (Baden) : Ackermann
— 47 — genehm überrascht durch die feinen Manieren, das gebildete Benehmen der Bewohner. Man bewirtet uns in ausgesucht höflicher, wohlthuender Art und giebt auf alle Fragen, die wir stellen, die gründlichste Auskunft. Diese liebenswerten Menschen sind, wie wir schnell herausfinden, nicht nur wohlhabend, sie suhlen sich in der schönen Gegend, in ihrem länd- lichen Stilllebeu auch so zufrieden und glücklich, wie der Mensch es über- Haupt sein kann. Dem freundlichen Äußern der Häuser entspricht das Innere; sie sind ungemein sauber gehalten, und deswegen haben auch Krankheit und Elend keine Heimstätte in ihnen. Es sind kräftige, schöne Leute, die hier der Erde ihren Unterhalt abringen; Männer wie Frauen sind unermüdlich fleißig, glücklich im Kreise zahlreicher, gut erzogener Kinder. Nüchternheit und streng sittlicher Lebenswandel zeichnet die canadische Landbevölkerung ebenso vorteilhaft aus wie jene feine Sitte, die man anderwärts nur in den Häusern der Gebildeten findet. Hier schon lernen wir einen großen Unterschied zwischen den eanadischen Frauen und den Frauen in den Vereinigten Staaten herausfinden; ein schrofferer Gegensatz, als der zwischen ihnen bestehende, ist nicht leicht auszudenken. In der Union sind die Frauen meist träge und lässig, sie wälzen dem Manne alle Sorge für des Lebens Nahrung und Notdurft, ja, sogar nicht selten für den Haushalt zu; sie liegen halbe Tage lang im Schaukel- stuhl, mögen nicht einmal gern eine Treppe steigen, fahren oder reiten spazieren, statt zu gehen, naschen Süßigkeiten in Menge und trinken Limonaden, statt kräftige Nahrung zu sich nehmen; sie können Hitze ebenso wenig wie Kälte ertragen, thnn aber auch nichts, um ihren Körper zu stärken und widerstandsfähiger zu machen; all ihr Sinnen und Trachten ist Abwechselung, Genuß, prickelnder Reiz, und infolge dieser thörichten Lebensweise werden die unklugen Geschöpfe genau so ruhelos, aufgeregt und nervös wie die Männerwelt. Wie ganz anders die Canadierin! In ihrem ganzen Benehmen ruhig, einfach, anspruchslos, findet sie ihr größtes Glück in ihrem Hause, im Schöße ihrer Familie; arbeitsam und rührig von früh bis spät, Hilst sie dem Manne die Last des Lebens wesentlich erleichtern; ihren Körper härtet sie ab gegen Regen, Sturm und Kälte, und so dürfen wir uns denn nicht wundern, daß die meisten Canadierinnen gesunde, kräftige, fchöne Frauen sind. Je mehr wir Land und Leute kennen lernen, desto wohler fühlen wir uns hier, denn auch die Männer zeichnen sich durch viele Vorzüge gegenüber dem Iankee aus. Dieser stattliche, gesnnde, frische canadische Mann hat etwas Eigenartiges an sich, das kaum so wiederzufinden sein dürfte. Seine Art zu reden und zu handeln, seine Lebensführung, seine Weise, sich Vergnügen zu be- reiten, erinnern an längst vergangene Zeiten mit patriarchalischen Ver- hältnisfen; wir meinen oft, ein Stück der vielgerühmten „guten alten Zeit" sei hier wieder lebendig geworden. Der Iankee hat wenig Liebens- wertes in seinem Wesen; er ist ein rast- und ruheloser, zäher, dreidräh- tiger, ungestümer Bursche, der nur eine Gottheit kennt: den klingenden Dollar, ein Mensch, der in seinem Goldhunger auch vor den schlechtesten
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