1894 -
Weinheim (Baden)
: Ackermann
- Autor: Kleinschmidt, Arthur
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 55 —
30 cm. Die Spitze der sonderbaren, aber zur Erfüllung ihres Zweckes
vortrefflich geeigneten Beschuhung ist etwas aufwärts gebogen; Riemenwerk
dient zur Befestigung. In solcher Ausrüstung traben die Mitglieder des
Schneeschuhvereins mit rühmlicher Ausdauer stundenlang über den Schnee,
sie unternehmen größere und kleinere Ausflüge iu die an winterlichen
Reizen reiche Gegend, ja, sie spielen allerhand Gesellschaftsspiele im Schnee
und sind von Herzen vergnügt. Die Schneeschuhe werden dabei selbst-
verstandlich niemals abgelegt. Daß der Eislauf iu einem Lande, das die
herrlichsten Flächen zur Ausübung dieser Kunst viele Monate lang bietet,
viele eifrige Verehrer und Verehrerinnen hat, versteht sich von selbst.
Doch ein Vergnügen, dessen sich bei uns nur die muntere Schul-
jugend erfreut, übertrifft in Canada alle anderen an Beliebtheit: das
Schlittenfahren. Man denke bei diesem Worte aber ja nicht an stolze
Rennschlitten mit vorgespannten feurigen Rossen; der Canadier findet seine
größte Lust darin, auf Haudschlitten sitzend einen Abhang hinunterznsauseu,
ganz wie es bei uns die munteren Knaben lieben. Um den Fall noch
rascher zu machen, bringt man auf dem Gipsel des Hügels nicht selten
noch eine steil abfallende Strecke künstlicher Bahn an, die an den Seiten
eingezäunt ist und zu deren höchstem Punkte, von dem aus abgefahren
wird, die Rennlustigen an der einen Seite auf Stufen emporsteigen.
Zahlreiche Zuschauer verfolgen die abwärts sausenden einfachen Gefährte
mit derselben gespannten Aufmerksamkeit, mit der man anderwärts den
um den Ehrenpreis ringenden Pferden in der Rennbahn zuschaut. Hier
fliegt ein einzelner Mann vorüber; dort überschlägt sich ein anderer im
vogelschnellen Fluge zum großen Ergötzen der Zusehenden, unmittelbar
neben ihm fährt ein rüstiger junger Mann feine vor ihm sitzende blühende
Frau sicher lenkeud durch den Schnee. Seitwärts davon jagt ein Vater
mit seinem wohlverwahrten Söhnlein abwärts. Und jetzt purzelt jener
Schlitten, in dem ein älterer und zwei jüngere Herren sitzen: alle drei
rollen in den Schnee, ohne die gute Laune zu verlieren, denn solche kleine
Unfälle erhöhen das Vergnügen nur. Zu uuferem Erstaunen belehrt man
uns, der alte Herr sei einer der Minister, die zwei jüngeren Insassen
ehrten ihn als Vater. Und jetzt erscheint sogar der mächtige Herr
Generalstatthalter, um an der Lnst des „Tobogganing", wie diese
Fahrt mit Handschlitten heißt, teilzunehmen. Die reichsten und vornehmsten
Leute beteiligen sich mit der größten Freude an dieser so einfachen,
gesunden und zuträglichen Volksbelustigung. Am tollsten ist solche Jagd
im Schlittcheu wohl aus den berühmten Moutmorency-Wasser fällen.
Etwa 4 Stunden von Quebec eutferut, stürzen die 15 Meter breiten
Wassermassen tosend eine Höhe von 75 Meter herab, an den düsteren
Klippen der Felswand zerstäubend und sie mit einem weißen Schleier
umhüllend. Tritt starker Frost ein, so kristallisiert der Wassersturz durch
den Anprall an die Felsen; unablässig fällt er als Schnee zurück und
bildet endlich weiter abwärts eine ungeheure Eismasse. In Quebec
bezeichnet man sie mit dem Namen „Zuckerbrot" und benutzt sie zum