1894 -
Weinheim (Baden)
: Ackermann
- Autor: Kleinschmidt, Arthur
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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derartigen Anstrengungen ganz vergeblich; der krankhaft gelbliche Farben-
ton des Gesichts macht sich immer aufdringlicher bemerkbar, und wenn du
eine juuge Frau im Anfang der zwanziger Jahre triffst, die blühende
Gesichtsfarbe hat, kannst du in den meisten Fällen annehmen, daß diese
Färbung nicht natürlich ist.
Fast alle amerikanischen Frauen zeichnen sich durch kühlen Verstand,
große Willenskraft, wagelustigen Unternehmungsgeist und in gefährlichen
^agen durch fast männliche Entschlossenheit aus. Sie sind sehr stolz,
sehr selbständig und ehrgeizig; au das Weseu deutscher Fraueu gewöhnt,
wunderst dn dich immer wieder darüber, wie klug diese Ladies alles be-
rechnen, wie oft ihr Benehmen herzlos erscheint. Die Mädchen der vor-
nehmen Familien erhalten fast durchgängig eine gute geistige Ausbildung, besser
als ihre Brüder, die schon frühzeitig ins Joch des alles überwuchernden
Geschäftslebens gezwungen werden. Da sie nun aufgeweckt siud und sich iu
liebenswürdiger Weise zu unterhalten verstehen, kann man sich keine ange-
nehmere Gesellschafterin denken als die Amerikanerin. Auch als Freundin ist
sie überaus schätzbar, aber als Hausfrau beglückt sie einen deutschen Mann
nur selten so, wie er's in der gemütvollen Art unseres Volkes ersehnt.
Das liegt in der eigentümlichen Erziehung der Mädchen, in den Sitten
und Lebensgewohnheiten, in der ganzen Stellung der Frau, einer Stellung,
die nirgends in der ganzen Welt ihresgleichen hat. So sehr der
Amerikaner Geschäftsmensch ist, so kühl und berechnend er in allem zu
fein scheint, in einem ist er schwach, nämlich den Frauen gegenüber. Die
Stellung gegen sie ist derart, daß man nicht mehr von zarter Rücksichtnahme
sprechen kann; der Mann gehorcht, die Frau befiehlt. Jeder Laune der
Gattin oder Tochter wird, sei sie auch noch so toll und unbegreiflich,
nachgegeben, jeder Wunsch wird erfüllt, sei diese Erfüllung auch mit noch
so großen Opfern verknüpft. Den Deutscheu erinnert dieses höchst eigen-
tümliche Verhältnis zwischen Mann und Weib häufig an das zwischen
einem Leibsklaven und seiner Gebieterin bestehende. Sie erlaubt —
dann wagt er, einen Wunsch, den er hegt, einen Vorsatz, den er gefaßt
hat, auszuführen; sie befiehlt — er vollbringt, was ihm znr Ausführung
geheißen ward. Überall wird auf seine unbedingte Willfährigkeit gerechnet,
wird seine Güte mißbraucht. Die ganze Sorge für das Bestehen und
Fortkommen der Familie, für die Existenz ist auf seine Schultern geworfen.
Die Frau liegt faul im Schaukelstuhl, sie empfängt oder macht Besuche,
sie treibt sich in Gesellschaften umher, spielt im Salon die seine Dame,
reitet auf schönem Pferde aus, oder läßt sich iu feiner Equipage spazieren
fahren, während der Mann sich von früh bis spät sorgt und plagt, um
die Mittel zur Bestreitung der Ausgaben zu schassen, die von der gestrengen
Gattin und den sehr selbständigen und stolzen Töchtern gefordert werden,
um solche kostspielige Bedürfnisse zu befriedigen. Nicht selten vermag er
den Launen mit den erscharrten und ersorgten Summen nicht ganz nach-
zukommen, dann muß er sich schlecht behandeln lassen und wird aus
Verzweisluug darüber vielleicht zum Schelm und Diebe. Dann ist selbst-