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1. Bilder aus Amerika - S. 125

1894 - Weinheim (Baden) : Ackermann
Verwandtschaft freut sich ungemein über solches Zeichen von Geschäftssinn und Umsicht und kauft fleißig bei dem jugendlichen Krämer, um ihn in seinem „profitlichen" und darum lobenswerten Beginnen zu ermutigen. Ganz ungeheuerlich würde es amerikanischen Kindern, und zwar Knaben wie Mädchen, erscheinen, wenn sie durch die Eltern zur Wahl einer bestimmten Religionsgemeinschaft, wenn die Söhnlein zum Beitritt zu einer politischen Partei gezwungen werden sollten. Schon die Kinder sagen im „Lande der Freiheit" mit Nachdruck: „Ich erkläre", um ihren Willen kund zu thuu. Auch die Dienstboten beanspruchen eine große Selb- ständigkeit; sie wollen zuvorkommend und höflich behandelt sein, andern- falls, oft auch aus reiner Laune, verlassen sie ihre Herrschaft, ohne daß man sich auf irgend welche Art schadlos zu halten vermöchte, wenn sie aus bloßer Willkür gegangen sind. Vielen Leuten aus der vornehmen Welt behagt es nicht, einen eigenen Haushalt zu führen; sie wohnen deshalb Jahr für Jahr im Gast- haus und befinden sich dabei, so unglaublich uns das auch erscheinen mag, ganz wohl. Andere besitzen hübsche, freundliche Häuser, die im Inneren wie im Äußeren mancherlei Schmuck zeigen und nur für eine Familie bestimmt sind. Wahrhaft großartig, ja fürstlich sind die Paläste der ganz Reichen, der Millionäre — fürstlich allerdings nur infoferu, als die dafür aufgewendeten Mittel meist erstaunlich groß sind. Aber trotz aller Verschwendung sind die Wohnungen dieser Minen- und Eisen- bahnkönige fast niemals besonders geschmackvoll gebaut und eingerichtet. Im Äußeren fehlt der große, fchöne Plan, die feine Architektur; im Innern vermissen wir überall jenen sinnigen Geschmack, der auch mit kleinen Mitteln viel zu leisten vermag. Der Amerikaner besitzt eben wenig Sinn für Kunst, und als nüchterner Geschäftsmann schlägt er mehr den mate- riellen Wert als die künstlerische Bedeutung der Dinge an. Du trittst in ein solches Millionärhaus; eine unglaubliche Pracht nmgiebt dich, aber eine Pracht, die niemals erwärmt und begeistert, die immer kalt läßt. An den Wänden prangen für ungeheure Preise erworbene Gemälde der berühmtesten Meister; schwere Teppiche der kostbarsten Art decken die Fußböden; wertvolle, mit Gold und Elfenbein ausgelegte Möbel füllen alle Räume. Wenn dn in die Stallungen wanderst, worin die feurigen Rassepferde stehen, wirst du dich nicht wenig wundern, auch hier die Wände mit Brettern aus Walnuß- und Rosenholz bedeckt zu sehen — kurz, der Luxus, deu du überall gewahrst, ist geradezu rassiuiert, „aus- gespitzt"; es scheint, als habe der Besitzer gar nicht gewußt, wie er die Größe seines Reichtums genug zeigen könne. Aber wie gesagt: der feine Geschmack fehlt. Schon im Äußeren dieser Prunkpaläste fällt uns das unangenehm auf; sie zeigen oft ein wunderbares Durcheinander von gotischen Turmspitzen, byzantinischen Rundbogen, dorischen Säulen u. s. f., das uichts weniger als befriedigend und wohlthnend auf das Auge wirkt. Mancherlei Lebensgewohnheiten machen dem Fremden das Zusammen- sein mit Amerikanern, namentlich mit solchen aus deu niederen Schichten,
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