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1. Bilder aus Amerika - S. 160

1894 - Weinheim (Baden) : Ackermann
— 160 — inhaftierten 20 Tramps arbeiteten, um das Publikum zu täuschen, zum Schein in einem Steinbruch; in Wirklichkeit sind sie arbeitsscheues Ge- lichter, dem man den Aufenthalt möglichst angenehm macht, damit sie recht bald wiederkommen und neue Gebuhren eintragen. Ihre Ver- köstignng muß geradezu vorzüglich genannt werden. Ziehen sie vor Ab- lauf der Strafzeit ab, so freut das die Beamten um so mehr, weil sie dann auch noch die Verpflegungsgelder einstecken. Verbrecher schlimmster Art aus Chicago, die im Herbst uach Dakota ziehen, nm die von der Ernte heimkehrenden Leute zu berauben, haben ihre ganz bestimmte Reihe von Gesängnissen, in denen sie sich nacheinander einfinden." „Aber das sind ja schreckliche Zustände!" rufen wir aus. „Amerikanisch," meint 'der Landsmann gleichmütig. „Wenn hier unter den Beamten nicht so viele Schufte wären, konnten die Bewohner auf Marmorpflaster gehen und von Gold essen, so reich ist das gott- gesegnete Land. Übrigens sind nicht alle amerikanischen Vagabunden Räuber und Mörder, aber unternehmend, vielseitig, verschlagen habe ich sie sämtlich gefunden. Vor dem großen Kriege zwischen den Nord- und Südstaaten kamen sie nur ganz vereinzelt vor; jetzt sind sie vielfach zu einer bedenklichen Landplage geworden. Im Sommer ziehen sie auss Land hinaus, die strenge Jahreszeit verbringen sie in den Städten. Über Gefahren lachen sie; untereinander leben sie in Eintracht, denn alle haben die gleichen Bestrebungen und Interessen. Einer hilft dem andern, wo er kann. Sie finden Leute aus allen Klassen darunter: hier einen ehe- maligen Offizier mit hohen Wasserstiefeln, dort einen vormaligen Diplomaten, da einen herabgekommenen Kaufmann, wieder anderswo entlaufene Zuchthäusler und sonstige Sträflinge. Wenn die Kerle im Herbste in die Städte einrücken, gewähren sie meist einen traurigen Anblick; zerlumpt, fröstelnd, schlotternd, schleichend betrachten sie jedermann darauf hin, ob er wohl eine Gabe reichen werde. Sie müssen sich zuweilen jämmerlich durchschlagen, trinken übernächtige Bierreste, stillen den Hunger mit Brotrinden, die weggeworfen worden sind u. f. f. Aber der Amerikaner ist merkwürdig wohlthätig und nachsichtig gegen die Tramps; barmherzige Vereine sorgen, daß die Burschen Asyle und warme * Suppen bekommen, und im Notfalle wenden sich diese an die Polizei- station, oder schaffen sich an sonst einem Orte unter, der durchaus nicht für sie bestimmt ist. z. B. in einem öffentlichen Lesezimmer. In Pitts- bürg haben die Bürger fogar ein eigenes Heim für die schnapsduftenden, Tabak kauenden, von Schmutz starrenden Strolche geschaffen, worin zuweilen 400 Vagabunden gleichzeitig beisammen hocken. Bei Beginn des Sommers schwärmen die Tramps wieder ins Land hinaus, jeder mit einem Spiel Karten und zahlreichen Eisenbahnfahrplänen in der Tasche. Weil zur Erntezeit auf den Farmen Arbeitskräfte selten sind, heißt man die Vagabunden als Helser doch willkommen. Sie sind mit beim Sammeln der Erd- und Brombeeren, beim Pflücken des Obstes und der anderen Baumfrüchte, beim Hopfeuzupfeu, bei der Weizenernte thätig. Diese
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