1894 -
Weinheim (Baden)
: Ackermann
- Autor: Kleinschmidt, Arthur
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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empfinden, denen man es kaum noch ansieht, daß Negerblut in ihren
Adern fließt. Bei gar manchen dieser Lente erkennt man die Verwandt-
schaft mit den dunkelfarbigen Afrikanern nur noch an dem eigentümlichen
krausen Wollhaar und an den Augen. Trotzdem behandelt man sie wie
den Vollblutnigger. Im allgemeinen trifft man die Neger nur iu den
niedrigsten Stellungen, besonders als Diener und Aufwärter. Selbst in
den nördlichen und westlichen Staaten sieht man fast niemals einen Far-
bigen in einem Salonwagen der Eisenbahn oder in einem Dampfschiffsalon,
und sogar in den gewöhnlichen Personenzügen sind sie fast nur iu deu
Rauchwagen zu finden. Der sonst gewiß frei denkende Amerikaner hält
sich durchaus uicht aus Haß oder Verachtung in so ausfallender Art von
feinen schwarzen Mitbürgern fern; der Grund davon ist vielmehr eine
unverkennbare natürliche Abneigung. Dazu mögen das häßliche Äußere
des Negers, sein oft kindisches Benehmen, sein Mangel an Bilduug, seine
rohen Manieren und die erwähnte widerliche Ausdünstung verstärkend
hinzukommen. Deswegen sitzt niemals ein Schwarzer mit einem Weißen
bei Tische, und deswegen bleibt im Ranchwagen der Sitz neben dem Neger
stets leer, anch wenn kein anderer Sitzplatz mehr frei ist. In religiöser
Hinsicht verhalten sich die Farbigen sehr verschieden; sie bekennen sich zu
irgend einer der vielen Religionsgemeinschaften, Bei ihren Gottesdiensten
geht es oft sehr aufgeregt zu. Namentlich im Süden besteht aber auch
noch abscheulicher Fetischdienst unter ihnen, der sogenannte Vaudouxknltus.
Der religiöse Geheimbund, der diesem Kultus anhängt, versammelt sich
zur Nachtzeit und verehrt als Gottheit mit unendlicher Macht eine heilige
Schlange, die ihren Willen durch deu Oberpriester oder dnrch die Ober-
priesterin kund thut. Menschenopfer, wilde Tänze und Gesänge find bei
den nächtlichen Festen im Gebrauch.
Als Diener sind die Farbigen sehr gesucht; man trifft sie als
Aufwärter iu den Gasthäusern, als Bediente, Kutscher in Privatwohnungen;
derartige Stellungen füllen sie anch ganz vortrefflich ans, sodaß sie von
Weißen darin gar nicht ersetzt werden können Tatsächlich ist's aber
heute noch wie vor dem großen Kriege, der den Sklaven die Freiheit brachte:
die Weißen herrschen, die Schwarzen dienen.
Diese Erkenntnis drängt sich, trotz der Ungebuudeuheit der Neger,
unseren! Geiste auch iu New-Orleans ans. Ein Gang dnrch die Straßen
und über die Märkte dieser „Metropole des Südens", eine Wanderung
am Ufer des Mississippi hat immer wieder neuen Reiz für den Fremd-
ling. Schon die Märkte sind überaus sehenswert, denn hier hält man
neben den köstlichen Südfrüchten aus Westiudien, neben Mehl und Speck
aus den Nordstaaten Fische und Austern aus der Umgegend in Menge
seil. In dem Gewimmel der Menschen unterscheiden wir vier verschiedene
Rassen: Kaukasier, Neger, Indianer und Mongolen, letztere aus dem
„Blumenreich der Mitte", aus China, stammend. Zwischen diesen Voll-
blutmeuscheu aber bewegen sich Mischlinge vom verschiedenartigsten Aus-
sehen, drängen sich Angehörige fast aller Nationen Europas iu ihren