1894 -
Weinheim (Baden)
: Ackermann
- Autor: Kleinschmidt, Arthur
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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des Engweges aber leuchten schwefelgelb, dunkelgelb, ziegelrot und in zahl-
losen Zwischenfarben. Solche enge Durchbruchstäler werden mit dem
Namen Cannon bezeichnet. An einem durch liebliches Wiesenthal fließenden
Nebenarme des Flusses gewahren wir an einer Stelle mit Erstannen
zwischen den horizontalen Schichten der 600 in hohen Felswand die
Überreste von 20 versteinerten Wäldern, deren einzelne Bäume noch ganz
deutlich zu erkennen sind und in ihrem Innern zuweilen reizende Amethyste
und bunte Quarzkrystalle enthalten. Im weiten Kessel der Mammutquellen
übernachten wir in einem großartigen, mit allem nur erdenkbaren Luxus
ausgestatteten Hotel. Ganz in der Nähe eilen von Terrasse zu Terrasse
fast kochend heiße Quellen den Abhang eines etwa 100 m hohen Hügels
hinunter. Ans jeder Stufe sehen wir Becken und Wannen mit weißen
Kalkwandungen, gefüllt mit der völlig klaren, dampfenden, himmelblauen
oder lichtgrünen Flut. Aus diesen Behältern eilt sie überfließend zu der
nächsten Terrasse, die Ränder der Becken dabei mit marmorweißen Zacken
und Zapfen schmückend. Diese natürlichen heißen Bäder übertreffen die
meisten Thermen Europas in ihrem Gehalt an Mineralstoffen und haben
überdies den Vorzug, 2000 m hoch in herrlicher Waldluft zu liegen.
Ans kleinen, aber kräftigen und ausdauernden Pferden begeben wir uns
nach dem westlichen Teile des Nationalparkes, wo die berühmten heißen
Quellen (Geiser) springen. Ein kleiner See zeigt uns die kunstvollen,
schnurgeraden Dammbauten der Biber, sowie auf einer Seite eine hohe
glitzernde Felswand aus Obsidiansäuleu. Mancherlei Wild belebt die Gegend,
auch der graue Bär soll die Wildnis nach Aussage des Führers uoch
durchstreifen. In einer weiten Vertiefung, dem Norrisbecken, treffen wir
den ersten Geiser. An hundert Stellen dringen hier Dampfsäulen und
Wasserstrahlen aus dem Boden empor. Überall dampft und kocht es;
viele Vertiefungen sind mit heißer, schlammiger Brühe erfüllt; daneben
liegen marmorweiße Becken mit tiefblauem Wasser, aus dem stoßweise
Wassergarbeu von 8—10 m Höhe emporschießen. Wir gelangen weiter
zu den sogenannten „Farbentöpfen", Becken mit smaragdgrünein oder azur-
blauem Wasser oder wallendem Schlamm, letzterer in allen Tönen gefärbt.
Im Thale des Fireholeflusses gewahren wir mit Staunen wohl 700
heiße Quellen und Geiser. Der berühmteste unter diesen ist der Brunnen-
geiser; aus einem wunderbar schön geformten, schneeweißem Becken schlendert
er 6mal im Laufe eines Tages tiefblane, gewaltige Wassermassen empor.
Im nahen „großen Farbentopf" wallt eine breiige Maffe aus feinster
Porzellanerde, ohne daß sich der zum Teil schneeweiße, zum Teil rosenrote
Inhalt jemals vermischt. Großartig ist der Geiser „Excelsior", der aus
einem tiesblauen heißen See zwischen wunderlich geformten Wänden empor-
steigt. Aus der Mitte ausschwebende, immer rascher aufeinander folgende
helle Dampfkugelu verkünden den Ausbruch. Wild wogt die heiße Flut,
sie schwillt bis zum Rand empor, zischend und brüllend erheben sich
glitzernde Wogen, fallen zurück, werden von anderen abgelöst. Wilder
wird das Toben, und endlich erhebt sich nnter Poltern, Zischen, Klatschen,
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