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1. Bilder aus Amerika - S. 309

1894 - Weinheim (Baden) : Ackermann
— 309 — Bevölkerung bisher aus Brasilien gemacht? Man merkt ihre Tätigkeit kaum, denn sie ist träge und gleichgültig, und die paar Millionen weißer Brasilianer können den ungeheuren Raum auch niemals mit ihrer Volks- kraft ausfüllen. Der Fluch des Landes ist eben, daß die Bevölkerung aus einem lächerlichen Gemisch von Menschen aller Farben besteht; die gemein- same Abstammung, der einheitliche Charakter fehlt vollständig. Der fünfte Teil der etwa 15 Millionen ist nicht gemischter Abstammung; die übrigen vier Fünftel sind teils M amelncos (Mestizen, Abkömmlinge von Weißen und Indianern) und Zambos oder Cafnzos (Nachkommen von Negern und Indianern); dazwischen finden wir aber zahllose Mischlinge dieser Misch- linge. Und welcher Unterschied in Wesen und Lebensgewohnheiten dieser so verschiedenfarbigen Menschen! Da ist der verworfene Cafuzo, der an Schlechtigkeit kaum irgendwo seinesgleichen hat; da begegnen wir den sinn- lichen, arbeitsscheuen, dem Spiel und Trunk ergebenen, verschlagenen, hinter- listigen Mulatten, unter denen sich allerdings zuweilen auch Leute von hoher geistiger Begabung und trefflicher Bildung befinden. Etwas über den Mulatten stehen die zahlreichen, von den Weißen kaum zu unterscheidenden Mamelncos; ihr Charakter ist besser, als derjenige der schon genannten Misch- finge, aber sie haben leider den Stumpssiun und die Trägheit der Indianer ge- erbt. Die Mehrzahl der übrigen Brasilianer zeichnet sich durch kleine, hagere Gestalt, gelbliche Gesichtsfarbe und eiue gewiffe Schlaffheit der Bewe- gungen aus. Nur in Mittelbrasilien aus dem Hochlande und im Süden der Republik sind viele kräftige Leute anzutreffen; da bewundern wir schöne Fraueu von stattlicher Gestalt und mit blühender Gesichtsfarbe, mit dunkeln, blitzenden Augen und anmutigen Bewegungen. So tritt uns auch die Bevölkerung von Rio de Janeiro entgegen, die sich in Bezug auf Umgangs- formen und Kleidung den Pariser zum Vorbild genommen hat. Die Lebensweise ist auch bei deu Vornehmen sehr einfach; wie in Hinsicht auf die Wohuuug, fo ist der Brasilianer auch in seinen Ansprüchen an Speise und Trank sehr bescheiden, ja, die Trunksucht ist ihm ein Greuel. Gast- freuudfchaft wird gern geübt, und die Kinder zeigen hohe Achtung vor den Eltern; auch der verheiratete Sohn raucht in Gegenwart von Vater und Mutter z. B. nur, wenn er von ihnen dazu aufgefordert wird. Im Familienleben herrscht viel Gemütlichkeit, ein herzlicher, fröhlicher Ton, aber das Gefellfchaftsleben ist um so fader, steifer und langweiliger. Auf den häufigen Privatbällen wird großer Aufwand entfaltet, namentlich schimmern und strahlen die Damen von Diamantenschmuck. Eine äußerst sonderbare Sitte fällt uns häufig auf; Söhne derselben Eltern führen oft ganz verschiedene Familiennamen, oder Familiennamen, die schon lange ge- führt wurden, werden plötzlich umgeändert, was man einfach durch die Zeitung bekannt macht. An regelmäßiger Arbeit findet der Brasilianer gar keine Freude; dem Weißen erscheint es z. B. als eine Schande, ein Handwerk zu erlernen. Dazu kommt noch eine ausfallende Unzuverlässig- keit und eine Bestechlichkeit, die Staatsverwaltung wie Justiz in empfind- lichster Weise schädigt; ein ehrlicher Beamter ist eine Seltenheit. Schwere
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