1914 -
Langensalza
: Beltz
- Autor: Franke, Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Iii. Österreich-Ungarn.
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stecken oder trennen. Es ist gar nicht nötig, daß die vielen Völker des Donau-
reiches einen einzigen Staat bilden; sie mögen sich trennen und nun mehrere
unabhängige Staaten errichten. Geht das? Das würden wohl die Habsburger,
die Kaiser von Österreich, nicht zugeben. Gewiß, diese würden sich sagen, dann
wäre es leicht, daß der eine nach dem andern verloren ginge. Rußland hat schon
einmal nach Galizien gestrebt; Italien möchte gern Südtirol und Istrien und
vielleicht auch Dalmatien; selbst das kleine Serbien würde sich Bosnien und die
Herzegowina nehmen, da dort viel Serben wohnen. Darum haben die habs-
burgischen Kaiser immer gesehen, die Einheit des Staates zu erhalten.
Aber ganz ist ihnen das nicht gelungen. Die Madjaren haben sich losgerissen.
Ungam bildet einen selbständigen Staat, nämlich seit 1867. Seitdem erstreben
die Madjaren noch mehr Unabhängigkeit; sie wollen Ungarn ganz und gar mad-
jarisch machen. Das können sie aber nur, wenn es ganz allein nach ihrem Kopse
geht, wenn man ihnen in Wien nichts mehr zu sagen hat. Der König von Ungarn
soll nur das tun dürfen, was sie ihm durch ihre Minister und ihren Reichstag
vorschreiben. So liegt Ungarn immer im Streite mit Österreich. Es gibt nur
noch ganz wenig, was ihnen gemeinsam ist, nämlich die Heereseinrichtungen,
das Zollwesen und die auswärtigen Angelegenheiten. So erscheint Österreich-
Ungarn nach außen als e in großes Reich; es ist das aber nicht ganz; denn Ungarn
hat schon eigene Botschafter und Gesandte. Mn muß man das Heer auch unter-
halten. Dazu gehört Geld. Natürlich müssen beide Reichshälften das Geld für
den Heereshaushalt aufbringen. Nun hat aber Österreich mehr Bewohner als
Ungarn. Die Madjaren wußten es dahin zu bringen, daß Ungarn am wenigsten
zu zahlen hat. Das machte böses Blut unter den Österreichern. So hört der
Streit zwischen hüben und drüben, zwischen den Bewohnern diesseits und jen-
seits der Leitha nicht auf.
Die Tschechen und die Polen wollen auch mehr Freiheit. Am liebsten
möchten sie ihr Land ebenso selbständig machen wie Ungarn. Erfüllte man ihnen
den Wunsch, dann kämen natürlich auch die Italiener, die Slowenen, die Kroaten,
die Serben, die Rumänen. Dann zerfiele das Donaureich in viele kleine Staaten.
Das alles erschwert den Leitern des Staates die Regierung. Seine Bewohner
sind aufeinander angewiesen; sie leben voneinander. Ungarn sendet viel Getreide
und Obst nach Österreich. Österreich versorgt Ungarn mit Maschinen und anderen
gewerblichen Erzeugnissen. Doch will sich Ungarn eine eigene Industrie schaffen.
Wenn ihm das gelungen ist, dann weiß man nicht, ob es da auch noch die gemein-
samen Zölle aufrecht erhalten wird. Gegenwärtig bilden Österreich und Ungarn
eine Wehr- und Wirtschaftsgemeinschaft unter einem einzigen Herrscherhause.
Im übrigen ist es ein Doppelstaat.
Was ist nun für uns das beste? Österreich ohne Galizien und Dalmatien
hat lange zum Deutschen Bunde gehört. Es ist darum auch am deutschesten.
Selbst die Tschechen haben viel Deutsches angenommen: darum stehen sie auch
unter allen Slawen am höchsten. Wenn in Österreich-Ungarn die Slawen die
Oberhand gewönnen und das Deutschtum ganz und gar zurückdrängten, dann
wäre das für uns ein gefährlicher Nachteil. Schon jetzt liebäugeln die Tschechen
und Polen mit den Franzosen. Sie sind keine Freunde des Deutschen Reiches:
sie würden es gern sehen, wenn das Deutsche Reich zertrümmert würde.
Österreich-Ungarn hat 1879 mit dem Deutschen Reiche ein Schutz- und
Trutzbündnis geschlossen. Damals fürchtete sich dies vor Rußlands Angriffen.
Gs gibt aber außer den Tschechen noch andere Slawen, die dies Bündnis be-
kämpfen und dafür verlangen, Österreich-Ungarn solle mit Rußland und Frank-