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1. Die außerdeutschen Länder Europas - S. 174

1914 - Langensalza : Beltz
174 Xii. Die Staaten auf dem Balkan. ihrem Rücken durch die schmutzigen, meist ungepflasterteu Straßen zu tragen. Türkische Mönche, Derwische, lassen ihre langen Kaftane im Winde flattern. Ein hoher Hut ans weißem Filz macht sie weithin kenntlich. Jetzt kommen zwei türkische Frauen. Sie sind so in Gewänder gehüllt, daß man nicht viel mehr sieht als ihre Augen und ihre Nase. Neben ihnen schreitet eine schwarze Sklavin, ihre Dienerin. Arme Frauen müssen freilich allein gehen. Wir kommen nun in die engen Viertel. Da sind lauter krumme, finstere, enge Wege: Fußsteige sucht man vergebens; alle Straßen sind schmutzig und voll Übeln Geruchs, denn die Leute werfen allen Unrat auf die Straße, und die gefallenen Tiere läßt man liegen und verwesen. Konstantinopel hat einen geräumigen und geschützten Hafen und ist dämm die erste Handelsstadt der Türkei. Im Hafen kann man die verschiedensten Völker in ihren Trachten sehen. ck) D i e Türken sind Mongolen und stammen aus Junerasien und werden auch Osmanen genannt. Doch haben sich die Türken stark mit Juden und andem Semiten sowie mit Slawen, Persern und andern Volks- stämmen vermischt. Aber ihre türkische Sprache haben sie bewahrt; die Türken sind mit den Madjaren verwandt. Die Türken sind redlich im Handel und unterscheiden sich vorteilhaft vou den verschmitzten Juden und Griechen. Gegen ihre Glaubensgenossen sind sie mitleidig und wohltätig. Aber sie fiub auch träge und gleichgültig. Stundenlang kann der Türke mit untergeschlagenen Beinen im Kaffeehause sitzen, Tabak rauchen und Kaffee schlürfen, einsam und schweigsam. Höchster Genuß ist ihm, wenn jemand spannende Märchen erzählt. Da die Türken nicht so rührig und erwerbssüchtig sind, so sind sie größtenteils arm. Zu Geldgeschäften taugen sie wenig, mehr für Ackerbau und Viehzucht. Sie tragen einen Turban, eine rote Mütze, die mit einem Woll- tuch vielfach umschlungen ist. Manche tragen einen Fes, ein rotes Mützchen ohne Schirm. Den Türken ist Weingenuß durch ihren Glauben verboten; dafür lieben sie um so mehr Kaffeetrinken und Tabakrauchen. Die Frauen nehmen eine niedrige Stellung ein. Vornehme Türken haben mehrere Frauen; diese bewohnen ein besonderes Haus, das kein fremder Mann betreten darf. Doch hält man vielfach Diener für sie, nämlich Sklaven. Die Frauen leben zurück- gezogen und vertreiben sich die Zeit zumeist mit An- und Auskleiden, Plaudern und Naschen. Die Beamten sind meist unredlich und bestechlich, weil sie ungenügend besoldet werden, genau wie in Rußland. Die Bauem sollen den Zehnten entrichten, aber häufig wird daraus der Fünfte, wenn nicht noch mehr. Die Bauem sollen nicht eher ihre Emte einfahren, als bis sie von Beamten geschätzt ist. Das Schätzen ist nun keine so leichte Sache. Da müssen die Beamten von Acker zu Acker, von Gut zu Gut gehen und schätzen. Sie schätzen nun entweder zu viel oder zu wenig. Schätzen sie zu hoch, dann hat der Bauer zu viel Steuern zu entrichten; schätzen sie zu wenig, dann kommt die Staatskasse zu schlecht weg. Damm wird der Beamte lieber etwas mehr als weniger ansetzen; er sieht an sich auf den Nutzen der Staatskasse. Nun kann sich ein Bauer gegen die Einschätzung beschweren, wenn er glaubt, sie wäre zu hoch. Dann muß aber die Emte so lange auf dem Felde bleiben. Ehe sie zum zweiten Male geschätzt würde, verginge viel Zeit. Inzwischen könnte die ganze Ernte ver- derben. Lieber läßt sich der Bauer etwas zu hoch schätzen. Ja ihm liegt viel daran, recht bald geschätzt zu werden, damit er seine Emte bergen kann. Um das zu erreichen, gibt er ein hübsches Trinkgeld. Um aber nicht zu sehr ge-
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