1914 -
Langensalza
: Beltz
- Autor: Kubbe, Karl
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Die Heimat in kindlicher Auffassung.
den Heimweg. Rlles war nun still geworden. Sogar die Frösche hatten
ihr (Huaken eingestellt und waren zur Ruhe gegangen, fluch die kleine
Amsel schlief wohl schon. Nur die Goldfische zogen im Wassser ihre schim-
mernden Kreise. Ich freute mich schon auf morgen Rftend, da wollten wir
wieder nach dem Luisengarten gehen.
62. Platzkonzert.
Ruf dem Fürstenwall ist heute mittag von 12—1 Platzkonzert. Schon
von V212 ab warten die Leute, weil jeder in der Nähe der Musik stehen
will. Ris ich auf den Platz komme, herrscht hier schon ein solches Leben
und Treiben, daß ich mir nur mit Mühe einen Weg durch die Menge
bahnen kann. Ei, da sehe ich schon in der Ferne die helmspitzen der
Musiker auftauchen. Sein Instrument unter dem Rrm, begibt sich jeder
Musiker nach der Konzertstelle. Schnell hat die Musik Rufstellung genom-
men, und bereits liegen die Noten zu dem ersten Stück auf den zusammen-
legbaren Pulten. Rn einem Baume des Walles wird eine schwarze Tafel
befestigt, von der können die Leute ablesen, was gespielt wird. In der
Mitte der Musiker steht der Musikmeister in seiner schmucken, glänzen-
den Uniform. Jetzt klopft er mit seinem Taststock an sein Pult — alles
ist ruhig. Tr hebt den Taktstock in die höhe und läßt ihn wieder hinunter-
schnellen. Sogleich setzt die Musik ein. Zuerst wird ein flotter Marsch
gespielt, hei, wie gut es sich danach marschieren läßt! Man braucht nur
nach den Schlägen der pauke zu hören und die Beine danach zu setzen. Ich
gehe darum nach der Musik auf und ab. Das Gedränge ist jetzt so groß
geworden, daß man unmöglich zur Musik gelangen kann. Weil ich so klein
bin und mitten unter den Menschen stehe, kann ich die bunten Uniformen
gar nicht mehr sehen. Rha, jetzt kommt ein Schutzmann, der will Ordnung
schaffen. Er fordert die herumstehenden Zuhörer auf, langsam auf und
ab zu gehen und in der Mitte des Weges einen Gang frei zu halten,
damit man hindurch kann. Wer trotzdem stehen bleibt, den bringt er aber
schleunigst zum Weitergehen. Langsam schiebt sich jetzt die Menge an mir
vorbei. Wie das flutet und drängt! Es ist ja heute Sonntag, und da ist
alles auf den Beinen. Vor mir gehen einige Schüler. Ihre bunten Mützen
leuchten weithin durch die Menge. Bei dem prächtigen Sommerwetter sind
die meisten Damen weiß gekleidet, und auch einige Herren haben weiße
Sommerhosen angezogen. Und was für prächtige Kleider und Rnzüge ich
hier sehe! Jetzt bin ich bei meinem Wandern soweit von der Musik hinweg
gegangen, daß ich sie nur noch schwach höre. Rls ich wieder in der Nähe
der Musiker bin, spielt gerade einer ganz allein auf einer Trompete.
Vater hat mir schon gesagt, daß man das ein Solo nennt. Wie fein hörte
es sich zu! Es hatte allen so gut gefallen, daß der Trompeter es noch
einmal spielen mußte. Jetzt hatte ich mir einen Platz dicht bei der Musik
erobert. Ich sah nach der schwarzen Tafel. Rch, wie schade, es wurde
jetzt bereits das letzte Stück gespielt. Das war wieder ein feiner Marsch.
Dann klappten die Musiker ihre Pulte zusammen, legten die Noten in
ihre Mappen und verließen den Platz. Langsam ging ich dann mit den
andern Leuten nach Hause.
Rm Mittwoch sehe ich in der Zeitung nach, wo das nächste Platz-
Konzert ist. Dann gehe ich wieder hin.