1913 -
Gießen
: Roth
- Autor: Backes, Karl
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Kreis Groß-Gerau
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 6.
Erfelden nach dem Rheine hin gelegenen Gemeinden waren Überschwem-
mungen ausgesetzt, wenn ein hochstand des Rheines die Schließung der
Schwarzbachschleuse erforderlich machte und das Edasser dieses Baches
dann über die Ufer trat. Jetzt befördert in diesem Falle ein Pumpwerk
das Wasser über den Damm in den Rhein. Die Bewohner von flstheim
pflegen mit Erfolg in den letzten Jahren in großem Maßstabe den Anbau
von Gurken.
6. Im Gegensatz zu dem fruchtbaren Humus bei Trebur ist der
Boden in Nauheim (1750 Einwohner, evangelisch) und llönigstädten (1100
evangelische Einwohner) großenteils dem Getreidebau wenig günstig. Um
so eifriger haben sich die Bewohner, wie auch in Groß-Gerau und Klein-
Gerau, dem Nnbau von Spargeln und Gbst zugewandt. In der nahen
Konservenfabrik und den benachbarten Großstädten finden diese leicht
lohnenden Absatz. In Nauheim besteht eine Kunststeinfabrik, und in einem
5ägewerk wird Nutzholz aus den Waldungen der Umgebung durch Ma-
schinen zugeschnitten und verarbeitet. Königstädten liefert treffliches
Gbst. Viel Kraut wird von hier über den Main ins ,,blaue Ländchen"
verkauft. Nauheim und Königstädten waren ehemals isenburgische Be-
sitzungen. Km 11. Oktober 1799 mußte Nauheim in den Nevolutions-
kriegen eine Plünderung durch die Franzosen erleiden.
7. Wo die Bahnlinie Frankfurt—mannheim in das hessische Gebiet
eintritt, steht unfern der Haltestelle Mitteldick der Vierherrnstein. hier
stießen Kurmainzische, frankfurtische, isenburgische und hessische Landes-
teile zusammen. In letzteren wurde ums Jahr 1700 die Gemeinde Wall-
dorf von eingewanderten Waldensern mit Erlaubnis des Landgrafen Ernst
Ludwig gegründet. Wenige Familien ließen sich nieder,' 1715 waren es
deren nur 15. Nicht jede hatte ein eigenes Haus. Dem reformierten
Glauben ist man in Walldorf bis auf den heutigen Tag treu geblieben.
Zahlreiche Namen weisen auf die französische Herkunft der Bewohner hin,
aber französische Sprache und französische Sitte sind verschwunden. Die
Einziehenden waren arm,' der Platz für Haus, hosreite und Garten wurde
jedem als Geschenk überwiesen, das Gelände ihnen aus Gnaden frei von
allen Schulden und Lasten übergeben, und eine Steuerfreiheit von
16 Jahren wurde gewährt. Aber das sandige Feld war wenig ergiebig,
und das Fehlen eines ertragreichen Waldbesitzes machte sich fühlbar. Zur
Entwicklung eines wohlhabenden Bauernstandes war keine Gelegenheit
geboten, und so blieb Walldorf klein und unscheinbar, fast nur eine lange
Straße mit niederen Häusern, bis die Eisenbahn ihm die Verbindung
nach Frankfurt a. M. brachte. Jetzt hat der rasch wachsende (Drt
2500 Einwohner, darunter etwa 130 Katholiken. Sie sind in der mannig-
faltigsten Weise in Frankfurt a. M. erwerbstätig, teilweise im Winter