1914 -
Gießen
: Roth
- Autor: Heusohn, Karl
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Kreis Büdingen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Kreis Büdingen, bearbeitet von K. Heusohn.
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haus anlehnte, sind noch geringe Spuren erkennbar. In der ,,5lltstadt" steht
das mit hohem Staffelgiebel gezierte Rathaus, welches im Jahre 1458 unter
Diether I. errichtet und in den Jahren l909 und 1910 einem Umbau unter-
zogen wurde. Die ehemalige Kaufhalle im untersten Stockwerke ist jetzt zu
einem Festsaale hergerichtet. Die am Schloßplatz stehende Marienkirche
(Stadtkirche) entstammt in ihren hauptteilen der Mitte des 15. Jahrhan-
derts, 1601 wurden die Räume für die neugegründete Lateinschule ange-
baut. Sehenswerte Bauwerke stehen auch in der 5chlohgasse. Das jetzige
Amtsgerichtsgebäude mit seinem Turme wurde 1770 als lutherische Xirche
errichtet und diente von 1829—1879 als Gymnasialgebäude. Das be-
merkenswerteste Gebäude von Büdingen ist jedoch das fürstliche Scfyloft, eine
alte Wasserburg, bestehend aus vor- und Hauptburg, welche in ihren ein-
zelnen Teilen den verschiedensten Jahrhunderten entstammen. Zu den ältesten
Bauten des Schlosses gehört der 35m hohe Bergfried, ebenso der anstoßende
palas und die Vurgkapelle. Das romanische portal an der Kapelle gehört
der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts an. Das Hauptportal im inneren Schloß-
Hof mit dem Treppenbau entstand um 1670. Einen Besuch verdient der
gemalte Saal im Schloß, dessen Wände mit Bildern aus der ysenburgischen
Geschichte geschmückt sind. 5ln das Schloß schließt sich der Hain an, ein großer
Garten mit hübschen Baumgruppen und Laubgängen, vor dem Obertore,
von welchem noch Teile vorhanden sind, steht das alte Bandhaus, nebenan
die fürstliche Rentkammer und die Villa des Prinzen Klfred zu Isenburg-
Büdingen. Innerhalb der Stadtmauer lehnt sich ein schloßähnliches Gebäude
an das (Dbertor an, der Oberhos, welcher im Jahre 1569 durch den Grafen
Georg von Isenburg erbaut wurde. Gegenwärtig dient er der Fürstin-
Mutter als Witwensitz. Huf der Nordseite der Stadt, ,,am Gebück", stehen
an der Stadtmauer noch mehrere mächtige Türme. Der am Eck trägt die
Inschrifti „Gott gnad' der Zeel!" Sie soll bei der Erbauung des Turmes
von den Gesellen eingemeißelt worden sein, weil ein Mitarbeiter bei einer
fluchwürdigen Tat von hier in die Tiefe gestürzt wäre und seinen Tod ge-
funden hätte. Der zweitletzte Turm ist der schon genannte Hexenturm. Einige
Inschriften, womit die inneren Wände des Turmes von den Gefangenen
bekritzelt wurden, erinnern uns noch heute an die barbarischen Zeiten des
Mittelalters, in welchen hier so viele unschuldige Opfer schmachten mußten.
5ln der Stelle des Gasthofs ,,zum Stern" war der Büdinger Gerichts-
platz, hier kamen unter einer Linde die freien Männer des Gerichts zu-
sammen, um unter dem Vorsitze des Amtmannes Recht zu sprechen. 1495
wurde das Gericht in die Stadt auf das Rathaus verlegt.
vom (Dbertor zieht die Hammerstraße das Seemental aufwärts,' an ihr
liegen, an den Bergeshang angelehnt, eine Knzahl hübscher Villen. Recht
lohnend ist ein Besuch der Sandsteinbrüche, deren Erzeugnisse als Schleif-