1911 -
Leipzig
: List & von Bressensdorf
- Autor: Harms, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Präparandenanstalt, Seminaranstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
§ 525. Dritter Hauptteil: Die wirtschaftlichen Verhältnisse Deutschlands. 34
Silber erzeugt Deutschland weit mehr als alle andern europäischen Länder
zusammen (aber die Vereinigten Staaten 4mal, Meriko 5mal soviel wie Deutschland). Die
Hauptsilberstätten Deutschlands haben das Erzgebirge (Freiberg, s, aber 8 245!) und der Harz.
Das wichtigste Salzgebiet Deutschlands ist die nördliche und südliche Umgebung des Harzes
(Staßfurt, Schönebeck); im ganzen hat Deutschland 16 Salzbergwerke und 70 Salinen. Rund
sechsmal so groß wie die Kochsalzgewinnung Deutschlands ist die Gewinnung von Abraum--
(Kali-)Salzen, die bisher nur in Deutschland (bei Staßfurt an der Bode) gefunden wurden.
Petroleum wird in Deutschland nur weuig gewonnen (fast 100 000 t; hauptsächlich in der
Lüneburger Heide' dagegen Vereinigte Staaten 17 Mill., Rußland 8 Mill. t, Rumänien 1v4 Mill.,
Galizien Zu Mill. t).
Industrie (§ 403-413).
1. Mit seiner Industrie steht Deutschland in der Welt an 3. Stelle (Vereinigte Staaten,
England, Deutschland, Frankreich).
2. Hervorragend ist die deutsche Eisenindustrie, die nur von der englischen übertrofsen
wird und jährlich für 1 Milliarde Mk. Waren an das Ausland abgeben kann (1895 noch keine
halbe); die englische gibt vielleicht für l1/3 Milliarden Mk. ab (weil England weniger Einwohner,
also weniger Eigenverbrauch hat). Die Kruppsche Gußstahlfabrik ist die größte Fabrik
der Welt (§ 182); die wichtigsten Eisenindustriegebiete siud das Ruhrkohlengebirge, die Ober-
schlesische Platte und Luxemburg-Lothringen, also die Stätten, an denen große Mengen Eisen
gewonnen werden.
3. Auch die deutsche Webeindustrie führt für 1 Milliarde Mk. aus (nachdem sie den In--
landbedarf von vielleicht 2 Milliarden Mk. befriedigte). Aber um das zu können, muß sie zuvor
für lx/3 Milliarden Mk. Rohstoffe vom Ausland kaufen, was die Eisenindustrie Deutschlands
nicht nötig hat (warum nicht?). Wir kaufen jährlich für reichlich 500 Mill. Mk. Baumwolle
(davon 3/4 aus den Bereinigten Staaten, das übrige aus Britisch-Jndien und Ägypten, in den
letzten Iahren eine kleine Menge auch bereits aus Deutsch-Ostafrika und Togo!) und für fast
400 Mill. Mk. Wolle (aus Argentinien und Australien). Die Hauptgebiete der Baumwoll-
industrie sind der thüringisch-sächsische Jndustriebezirk, das Ruhrkohlengebiet und der elsässische
Bezirk (Mülhausen), die der Wollindustrie der thüringisch-sächsische Bezirk und die Niederlausitz
(Kottbus, Guben usw.), die der Leinen industrie der Fuß der Sudeten und die Bielefelder Ge-
geud, die der Seidenindustrie in erster Linie Krefeld, dann Elberfeld-Barmen, Düsseldorf n. a. m.
Englands Ausfuhr an Baumwoll waren ist über 5 mal so groß wie die Deutschlands
(Hauptursache des englischen Reichstums!), seine Ausfuhr an Webewaren überhaupt etwa 3 mal so
groß. Frankreich steht in der Baumwollindustrie Deutschland etwas nach (1834 hatte es 5 mal soviel
Spindeln wie Deutschland!). Es übertrifft Deutschland aber erheblich in der Seidenindustrie.
4. Den ersten Platz in der Welt nimmt Deutschland ein mit seiner chemischen Industrie
(Farben, Drogen, Ausfuhr 300 Mill. Mk.! Früher England die Vormacht), seiner Rübenzucker-
erzeuguug (Ausfuhr 200 Mill. Mk., dann folgt Österreich-Ungarn), seiner Spielwarenindustrie
(Ausfuhr 80 Mill. Mk.) und seinem Buchdruckergewerbc (Deutschland das Land der Bildung).
Seeschiffahrt (§ 415—418).
§ 525. Deutschlands Seehandelsflotte steht mit ihren 4640 Schiffen in der Welt
an zweiter Stelle; die englische ist 4vzmal so groß, die französische 21/2mal fo klein. Im
Jahrzehnt 1895/1905 stieg die Flotte der Welt um 70%, die englische um 47%, die
deutsche aber um 234%.
Die Hamburg-Amerika-Linie in Hamburg und der Norddeutsche Lloyd in Bremen sind
die größten Schiffahrtsgesellschaften der Welt. Die Doppelschrauben-Schnelldampser
Kaiser Wilhelm Ii., Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kronprin-
zessin Eeeilie (N. L.) und Deutschland (H.-A.-Linie) haben sich den Ehrentitel „Deutsche
Ozeanflieger" erworben und legen die Fahrt nach Amerika in 5^—6 Tagen zurück (23v2 See-
meilen = etwa 40 km in der Stunde). Die drei größten Schiffe der Welt waren bis vor kurzem
„Amerika", „Kaiserin Augusta" (H.-A.-Linie) und „George Washington" (N. L.),
jedes rund 225 in lang. Jedes dieser Schiffe ist so lang wie ein Eisenbahnzug von 30 Wagen;
sie überragen aufgerichtet den Kölner Dom noch um die Höhe einer kleinen Kirche von 50 m
Höhe und könnten, wenn es Frachtdampfer wären, so viel Waren laden wie 2000 Eisenbahnwagen!
1907 schuf eine englische Gesellschaft zwei noch größere und schnellere Schiffe (Lusitania und
Mauretania), 244 m lang. Augenblicklich baut sowohl die Hamburg-Amerika-Liuie als auch die
englischeeunard-Linie ein Schiff von 50000re g.-Ton. (Washington27000, Mauretania 32000).