1892 -
Leipzig
: Hinrichs
- Autor: Buchholz, Paul
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
78 Tibet.
gehört, ist sowohl in betreff seiner Ausdehnung als seiner Höhe
wegen eines des merkwürdigsten Thalgebiete der Erde. Den
östlichen Teil durchzieht der Brahmaputra, den westlichen der
Indus.
a) Tibet in weiterem Sinne erhebt sich in Form eines un-
geheuren, langgestreckten Kreissegments über die angrenzenden
Tiefländer und wird durch die scharf ausgeprägten, felsigen
Abfälle der Gebirge, die es wie unersteigliche Mauern aus
allen Seiten umschließen, von der Natnr zu einer Riesenfeste
erhoben. Aus allen vier Weltgegenden blicken dem Reisenden
entweder vereinzelt oder auch in mächtigem Zusammenhange
vereiste, spitze Berge von 6000 m durchschnittlicher Höhe ent-
gegen. Auf dem hohen Tafellande selbst sieht es trübe und
traurig genug aus. Die enorme Höhe und die davon abhängigen
klimatischen Verhältnisse zwängen die Vegetation in einen engen
Raum. Da findet man weder Bäume noch Ackerfelder, weder
Blumen noch Früchte; ja, die grünen Flächen inmitten der mit
Gies und Geröll ausgefüllten Muldeu, auf welchen der ver-
krüppelte Lavendel ein kümmerliches Dasein fristet, sind un-
schwer zu zählen. Die Luftströmungen bringen nicht die ge-
ringste Feuchtigkeit mit sich, und der spärlich fallende Schnee
genügt nicht, um der Erde Produktivität zu verleihen. Das
von der n. Umrandung des eigentlichen Tibet bis zu dem
Kuenlün sich erstreckende Gebiet ist abflußlos, mit zahlreichen
Salzseen von verschiedener Größe bedeckt und besteht wahrschein-
lich aus flachen Plateaus, die im Durchschnitt 5000 m hoch
sind. Erst im Quellgebiet der großen chinesischen Ströme ver-
ändert sich der Landschaftscharakter. Die tibetanischen Ansiede-
lungen liegen eigentlich nur in den breiten Thalebenen der großen
Gewässer, wo der Ertrag des Bodens durch eine geschickte
Kanalisierung gesteigert wird. — b) Im Gegensatz zu der
großen Armut des Pflanzenkleides, welche für 9?.-Tibet charak-
teristisch ist, steht der Reichtum an Tieren, die sich häufig in
Herden bis zu 1000 Stück ansammeln. Nur dadurch, daß sie
von einem Ort zum andern ziehen, können diese Tiermassen auf
den armseligen Weiden die nötige Nahrung finden. Als die
am häufigsten vorkommenden Säugetiere bezeichnet Prschewalski
den wilden Jack, das weißbrüstige Argali, den blauen Steinbock,
die Antilopen Orongo und Ada, den Chulan (wilden Esel) und
den gelbweißen Wolf. — c) Für den Menschen ist das Klima