1887 -
Leipzig
: Hinrichs
- Autor: Buchholz, Paul
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Der Harz. 69
Felsgipfel gehauen ist und wahrscheinlich den heidnischen Priestern
dazu gedient hat, sich hinzustellen und zu weissagen. Das ist
die Roßtrappe.j) — c) Die Bewässerung des Harzes ist
im ganzen ziemlich reichlich; überall sprudeln Quellen hervor,
die sich zu kleinen Bergbächen und Flüssen vereinigen, daher
auch üppiger Wieseu- und Baumwuchs, auf dem Plateau des
Unterharzes sogar vortrefflicher Getreidebau. Von Bergseen
aber ist nicht die Rede. Das eigentliche Wassermagazin ist das
am westlichen Fuße des Brockens gelegene „Brockenfeld";
dieses, mit einer umfangreichen schwammigen Moosdecke bekleidet,
saugt Schnee, Regen und Nebel ein und strömt die eingesogene
Feuchtigkeit in vielen Quellen nach allen Weltgegenden wieder
von sich. Aber im Sommer erschöpft sich der Vorrat und die
Flüßchen werden dann so klein, daß man oft trockenen Fußes
hindurchgehen kann. Indes liegt der Schnee aus dem Brocken
bis in den Mai und Juni hinein. Der ganze Oberharz hat
wenig Frühling, viel Nebel und Regen, etwa sechs Wochen
Sommer, ganz dem Klima von Norwegen und Schweden ent-
sprechend. Die Harzflüsse sind rein, doch reich an Krebsen und
Fischen, besonders Forellen. — d) Die Kartoffel ist die einzige
Frucht, die dem Harzer treu bleibt. Wenig Obst gedeiht in
diesem Klima, desto mehr stehen Blumen, Wald und Wiesen in
Flor. An Preißel- und Blaubeeren ist Überfluß; sie werden
gesammelt und verkauft. Die Baumarten des Unterharzes sind
Hainbuche, Ahorn, Esche, Ulme, Birke, Rotbuche; an den
mildesten Punkten stehen Roßkastanien. Bei Wernigerode und
Blankenburg findet man aber auch die echte Kastanie kleine
Wäldchen bildend. In den Oberharz folgt der Tanne nur die
Birke eine Strecke weit, und noch etwas weiter die „Quitsche",
i) Der Sage nach ist die Roßtrappe also entstanden: Der im
Böhmer Walde hausende Riese Bohdo verlangte die Königstochter vom
Riesengebirge Emma zur Gemahlin. Emma entfloh von der Schnee-
koppe und kam an die Grenze des Harzes; Bohdo sagte auf seinem
Zelter, der meilenlange Fluren in Minuten übersprang, hinterdrein.
Emma kam an jenen Felsen, unter dem an 40» m tief der Abgrund
liegt; der gegenüberstehende Fels war weit und steil; als sie aber
Bohdo herannahen hörte, setzte sie über den Abgrund glücklich hinweg,
wobei das Roß seinen Huf 1 m tief in das harte Gestein schlug. Bohdo,
der nur auf Emma blickte, sah den Abgrund nicht, stürzte hinein und
gab so dem Flusse den Namen (Bode).