1914 -
Halle a.d.S.
: Schroedel
- Autor: Heine, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Nordhausen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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hinzu und sagte: „Nun, liebe Frau, ich will ihr sagen, wie ich heiße,
ich bin der Doktor Martin Luther." Da stieß die Frau einen Freuden-
schrei aus, lief hinüber zur Apotheke und rief: „Gebt mir Wein, der
Doktor Luther ist bei uns!" Als die Ratsherren das hörten, sagten sie:
„Was schwatzt dies Weib, wie käme Luther zu dem Schuster?" Die
Frau blieb aber bei ihrer Rede, und die Ratsherren gingen mit ihr.
Schon an der Tür kam ihnen Luther entgegen und begrüßte sie. Nun
war die Freude groß in der ganzen Stadt, alles lief herbei und wollte
Luther sehen; sie läuteten mit den Glocken und sangen das Lied: Ein'
feste Burg ist unser Gott.
13. Justus Jonas.
1. Aus unserer Stadt stammt einer der eifrigsten Förderer der
evangelischen Sache und einer der besten Freunde und Gehilfen Luthers;
er Hecht Justus Jonas. Im Jahre 1493 wurde er als der Sohn des
Ratsmeisters Jonas Koch geboren und hieß anfangs Jobst Koch. Nach
damaliger Sitte der Gelehrten änderte er später seinen Namen, aus
Jobst machte er Justus und setzte dazu den Vornamen seines Vaters,
Jonas. Den ersten Unterricht erhielt er in der lateinischen Stadtschule.
Er machte so gute Fortschritte, daß er schon mit dem dreizehnten Jahre
die Universität zu Erfurt beziehen konnte. Später ging er nach
Wittenberg, ward hier mit Luther befreundet und stand ihm im Kampfe
treu zur Seite. Zunächst kam Jonas wieder nach Erfurt, wo er Lehrer
an der Universität wurde. Er trat hier mutig für Luther ein und riß
in seiner Begeisterung für ihn auch die Studenten mit fort. Im Jahre
1521 begleitete Jonas seinen Freund Luther nach Worms zum Reichs-
tage und war hier Zeuge seines entschiedenen Bekenntnisses. Während
Luther noch auf der Wartburg faß, ward Jonas als Lehrer an die
Universität zu Wittenberg und daneben als Prediger an die Schloß-
kirche berufen. Luther, Melanchthon und Jonas schlössen sich nun als
Freunde innig aneinander und teilten getreulich Freud und Leid bis an
ihr Ende.
2. Ein besonderes Geschick zeigte Jonas bei der Bildung evan-
gelischer Gemeinden. Daher sandte Luther ihn nach vielen Städten, um
dort den Gottesdienst nach evangelischer Ordnung einzurichten. So
führte er 1536 in Naumburg trotz des dortigen Bischofs die Refor-
mation durch. In den folgenden Jahren ordnete er das Kirchenwesen in
Zerbst und Anhalt; 1539 war er in Leipzig, hielt hier die erste evan-
gelische Predigt und gab dem Herzogtum Sachsen eine Kirchenordnung.
Ein neues Arbeitsfeld erwartete ihn in Halle. Hier verlangte die
Bürgerschaft evangelische Prediger. Der Rat wählte unseren Jonas;
auch hier richtete er den Gottesdienst evangelisch ein; bald danach
Heine, Unsere Heimat. n