1912 -
Stadthagen
: Heine
- Autor: Wiegmann, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schaumburg-Lippe
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Heinrich der Käme (geb. 1129, gest. 1195) ist nächst dem Kaiser
Friedrich Barbarossa der mächtigste Fürst seiner Zeit in Deutschland
gewesen. Er verschaffte sich durch Einziehung von Gütern ausgestorbener
Geschlechter eiue große Hausmacht, zwang die weltlichen und geistlichen
Großen des Landes zur Anerkennung seiner herzoglichen Macht und brachte
so sein Herzogtum Sachsen zu einflußreicher Höhe. Mit ebenso kräftiger Hand
förderte er die Kolonisation unter den Slaven zwischen Elbe und Oder. Der
sächsische Annalist Helmold ifußnote Seite 215) urteilt über ihn: „Das ganze
Land, wie es sich von der Eider an zwischen Elbe und Ostsee bis nach Schwerin
erstreckt, einst ein mit Schrecknissen erfülltes, fast wüstes Gebiet, ist gleichsam
eine zusammenhängende sächsische Kolonie geworden, wo Städte und Burgen
gebaut werden, wo sich die Kirchen und die Priester mehren." Aber in dem
Streben nach Vergrößerung der eigenen Macht wurde der Welfe seinen Ver-
pflichtungen gegen Kaiser und Reich untreu. Er ließ, als iu Italien alles auf
dem Spiele stand, den Kaiser im Stich, so daß dieser bei Legnano eine furchtbare
Niederlage erlitt (1177) und nun alle seine italienischen Pläne aufgeben mußte.
Infolge der Achterklärung wegen dieses Treubruchs wurden dem Welsen-
fürsten die Lehnsstaaten Bayern und Sachsen genommen. Bayern bekam
Otto von Wittenbach, der Stammvater der heutigen bayrischen Königsfamilie.
Das Herzogtuin Sachsen ging in Trümmer. Während der westliche Teil,
wie schon oben erwähnt, unter dein Namen eines Herzogtums Westfalen an den
Erzbischof von Köln fiel, kam das östliche Sachsen an Bernhard von Anhalt, den
Sohn Albrechts des Bären. Bernhard setzte das von seinem Vater begonnene
Kolonisationswerk in der Mark Brandenburg fort. So wurde hier im Osten
ein Staat begründet, von dem sieben Jahrhunderte später die Einigung des
ganzen Reiches ausging. Heinrich dem Löwen verblieb nur das väterliche Erbe
Brauusch weig-Lüneburg, das dann (1235) seinem Eickel Otto dem Kinde
als Herzogtuin verliehen wurde und als solches später (1635) nach manchen
Teilungen in die beiden Länder Hannover und Braunschweig sich auflöste.
Bernhard von Anhalt führte den Titel Herzog von Sachsen weiter
und übertrug damit den Namen Sachsen auf die Gebiete der heutigen Provinz
und des Königreichs Sachsen. Für die Länder zwischen mittlerer Weser
und Unterelbe ging der Name Sachsen damals verloren. Die hier
gebietenden Fürsten bengten sich keinem Herzoge wieder und wurden reichs-
unmittelbare Fürsten. Zu ihnen gehörte auch Adolf Iii. von Schaum bürg,
der die Anerkennung der Lehnshoheit des Herzogs Bernhard mit der Be-
gründung verweigerte, daß er seine Grafschaft ohne alle Mittel von dein Reiche
und dem Kaiser habe. So sind die heute im nordwestlichen Deutschland sich
findenden Staaten und Landesteile auf jene Zertrümmerung des alten Herzog-
tums Sachsen zurückzuführen. Trotzdem ist im Volke die frühere Zugehörigkeit
zum Sachsenstamm lebendig geblieben. Gerade in jüngster Zeit hat der gemein-
same Name Niedersachsen (vgl. auch S. 194!) für die altsächsischen Gebiete
besondere Bedeutuug erlangt (Zeitschriften, Tagesblätter, Kalender, Heimat-
buud usw.).