1890 -
Meißen
: Schlimpert
- Autor: Schreyer, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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In dem Brakwasser sterben zugleich auch Milliarden von
Infusorien ab, sei es, daß sie im Salzwasser des Meeres, oder
sei es, daß sie im Süßwasser der Ströme lebten. Da ihnen
durch die Vermischung beider Wasserarteu die Lebensbedingungen
entzogen wurden, so sinken sie tot zu Boden und düngen denselben
mit ihrem gallertartigen Körper und mit ihren kalkigen Panzern.
Auf diese Weise bildet sich ein Meeresschlamm, der zu einem
geschützten Nährboden für allerlei Pflanzen wird, wenn er sich aus
dem Meere hebt oder von demselben an der ruhigen Küste der
Nordsee angesetzt wird. Solche fruchtbare, trockeugelegte Schlamm-
streifen werden Seemarscheu genannt.
Der Unterlauf der Nordseeflüsse, sowie der Junenstrand der
Nordseeinseln und die deutsche Küste der Nordsee selbst werden
von Flnß- oder Seemarscheu förmlich umsäumt.
So treffen wir südlich von Hamburg an der Elbe eine
Marschgegend an, die den Namen der „Vierlande" trägt, sei es,
weil sie von vier Flußarmen durchzogen und in vier Jusellaud-
schasteu geteilt, oder sei es, weil sie von vier Kirchspielen gebildet
wird. Der Boden dieser Flußmarsch tragt Blumen und Gemüse
in reicher Fülle. Spargel und Salat, Rübeu und Bohnen, Kohl
und Erbsen werden fleißig ans ihm angebaut und nach dem be-
nachbarten Hamburg gebracht, in dem wir die Vierländerin an
ihren kurzeu Kleidern und ihrem breiten Hute erkennen. Das Vier-
land ist eine Marsch für den Gemüsebau.
Eiu zweites Marschgebiet fiudeu wir nördlich von Hamburg
auf dem linken Ufer der Elbe (Blankenese gegenüber). Sie wird
das „Altland" genannt. Ein Wald von Obstbäumen hüllt hier
den flachen, dnnklen Marschboden ein. Obstbäume in den Gürten,
Obstbäume an den Wegen, Obstbäume an den Feldrändern und
Obstbäume an den kleinen Binnenflüssen! Wie duftet hier die
Kirschblüte, weuu der Frühling in das Land einzieht! Wie leuchten
hier die blauen und gelben Pflanmen zur frohen Sommerszeit!
Uud wie lacheu die rotwangigen Äpfel ans dem Laube zur Zeit
des Herbstes! Nicht bloß Hamburg und Bremen, nein, auch Eug-
laud und Schweden, Norwegen und Rnßland werden alljährlich
aus dem Altlande mit schmackhaften Früchten versorgt. Dieses ist
eben die Flußmarsch für den Obstbau.
Eine dritte Marschgegend begegnet uns an dem Austritte
der Elbe in die Nordsee, der sie auch ihre Entstehung verdankt.