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1. Das Deutsche Reich - S. 95

1900 - Leipzig : Spamer
Die wirtschaftlichen Verhältnisse. 95 und klimatische Verhältnisse obenein ziemlich ungünstige sind. Gebirgige Gegenden mit magerem Boden, z. B. die Eisel- und Rhöngebiete, die Fluren des rheinischen Plateaus, die Oberpfalz je., produzieren nur höchst spärliche Nahrung. In Gegenden mit fruchtbarem Boden, günstigem Klima und rühriger Bevölkerung hat die Lage der Landwirtschaft sich feit der Mitte unfres Jahr- Hunderts im ganzen recht gehoben, und wo, wie in Mitteldeutschland, der Grundbesitz nicht allzusehr verkleinert worden ist, auch die Eigentümer sich bemüht haben, mit der Zeit rüstig fortzuschreiten, da hatten fchon Besitzer von 50—100 ha günstigen Bodens die behagliche Stellung begüterter Leute ge- Wonnen und wendeten, wenn sie in die Stadt kamen, den Kaufleuten und Hand- werkern reiche Summen zu. Es hat sich dies leider in den letzten Jahren ge- ändert, und man hat sich daran gewöhnt, von einer Notlage der Landwirt- schaft zu reden. Daß infolge der unmäßigen Vermehrung der Zuckerfabriken, fowie des übertriebenen Anbaues der Zuckerrübe in den schon mehrfach er- wähnten Gegenden ein Notstand entstehen mußte, zumal das Ausland noch immer wachsende Beträge von Rohrzucker^) auf den Markt brachte, war aller- dings vorauszusehen, und ist wirklich eingetreten. Weit schlimmer jedoch ist jedenfalls die Lage derjenigen Landwirte, welche auf die gewöhnlichen Erträge des Bodens durch Halm- und Hackfrucht sowie der Viehzucht angewiesen sind; dieselben sehen sich seit Jahren bei fortgesetzter Steigerung der Betriebskosten und Verminderung des Geldwertes einem stetigen Sinken der Preise der land- wirtschaftlichen Produkte gegenüber, und zwar trotz des gewachsenen und unaus- gesetzt weiter wachsenden Bedürfnisses an Lebensmitteln. Die infolge des letzteren eingetretene Zufuhr des Auslaudes hat nicht nur das vorhandene Be- dürfnis überschritten, sondern es ist auch möglich gewesen, das freinde Getreide trotz eines weiten und kostspieligen Transportes derartig wohlfeil auf den deutschen Markt zu werfen, daß in den letzten Jahren die Preise sogar erheb- lich herabgingen. Erwägt man, daß schon eine Aufrechterhaltung der Preis- Verhältnisse^) gegenüber der fortschreitenden starken Verringerung des Geld- wertes einer ungeheuren Entwertung der landwirtschaftlichen Produkte gleich kommen würde, so kann man es wohl begreifen, daß jenes Sinken der Preise als ein unerträgliches Übel für die Landwirtschaft empfunden werden muß. Es sind die Preise pro Doppelzentner seit 1877 für alle vier Hauptgetreide- arten erheblich gesunken, und zwar bis 1883 sür Weizen von 23 auf 18,^, für Roggen von 17,g auf 14,g, für Gerste von 16,8 auf 14,4, für Hafer von 16 ans 14 Mark, Nur in den Jahren 1880 und 1881 tral eine vorübergehende Erhöhung ein; dagegen ist das Sinken der Preise 1884 und 1885 immer weiter gegangen; die schlechte Ernte des Jahres 1888 hat nur eine mäßige Steigerung bewirkt. Unter solchen Umständen gehörte wahrlich keine Schwarzseherei dazn, daß man den baldigen Ruin der deutschen Landwirtschast zu befürchten anfing, weshalb aus den Kreisen derselben heraus der dringliche Rns nach Schntz der landwirtschaftlichen Produktion ertönte. Das Verlangen nach Eingangszöllen für landwirtschaftliche Produkte fand bei der Reichsregierung Berücksichtigung, zumal deren Erträge dazu geeignet waren, gleichzeitig die gesteigerten Bedürfnisse *) Die Rohrzuckerproduktion ergab 1867 nur 1,. Mill, 1887 aber 2,7 Mill. Tonnen. **) Nach der Zusammenstellung der „Agricultural Gazette" sind in London die Weizenpreise von 1641—1882 etwa dieselben geblieben!
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