1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Königreich Preußen. 295
halb soviel haben die Bezirke Breslau und Oppeln. Der Gesamtwert der Waren
hat die Höhe von 6—7 Millionen Mark. — Den Mittelpunkt der Töpfereien bildet
im Bezirke Liegnitz Bnnzlan. — Chemikalien werden in wenigen, aber um so
bedeutenderen Fabriken hergestellt. — Brennereien waren im Jahre 1886/87 944
vorhanden, von denen 29 auch Hefenfabrikation trieben, 612 Kartoffeln und 329
Getreide verwendeten. An Brauereien waren 1887/88 im ganzen 877 vorhanden,
welche aus 40622 Tonnen Getreide und 104 Tonnen Surrogaten 2417600 hl Bier
erzeugten (58 1 per Kopf).
Da die Provinz die natürliche Vermittlung zwischen den deutschen und
den slawischen Stämmen bildet, so ist sie seit alter Zeit auch der Sitz eines
regen Handels gewesen. Es hat sich dabei naturgemäß um den Austausch
der Rohprodukte des Ostens (Polens und Rußlands) gegen die Industrie-
erzeuguisse des Westens (Deutschlands und Frankreichs) gehandelt; auch zwischen
dem Süden (Österreich) und dem Norden (den Handelsstädten der Nord- und
Ostseeküste) war schon früh ein reger Verkehr. Neben selbständigem Handel
fand immer ein bedeutender Durchgangs- und Vermittelungsverkehr statt,
dessen Mittelpunkt Breslau war.
Zu Anfang des 14. Jahrhunderts gingen schlefifche Garne nach Holland,
fchlefische Leinwand über Hamburg nach Spanien, Portugal und England, schlesische
Tuche von Tschirnau und Guhrau nach Ungarn, von Steinau und Wohlan nach
Leipzig; Breslau aber war ein Meßort für den Tuchhandel nach Polen und Ruß-
land. In dieser frühen Zeit gingen vielbenutzte Handelsstraßen aus Schlesien nach
Krakau (über Oppeln, Groß-Strehlitz, Tarnowitz, Benthen und Siewierz oder über
Rosenberg und Woischnik), nach Ungarn (über Oppeln, Ratibor, Troppan und
Olmütz oder über Teschen, und dann durch den Jablunkapaß), sowie nach Wien
(über Ohlau, Grottkau, Neiße, Olmütz und Brünn). Nach der Bereinigung der
Provinz mit dem preußischen Staate wurde der bisherige Verkehr mit den Habs-
burgischen Ländern plötzlich unterbrochen und es trat ein starker Handel mit Polen
und Rußland ein, der durch die Teilung Polens und die Zollpolitik Rußlands
später wieder gemindert wurde. Nach den mit den napoleonischen Kriegen zusammen-
hängenden Handelsstörnngen gereichte die Einverleibung Krakaus in die österreichische
Monarchie dem Verkehre nach dem Osten zum Nachteile, ebenso die immer weiter
getriebene Abschließuug Rußlands; anderseits wurde durch den Aufschwung des
Bergwerks- und Hüttenbetriebes in Oberschlesien, sowie der Landwirtschaft in der
ganzen Provinz der innere Verkehr derselben erfreulich gesteigert, und auch nach dem
Auslande hin ist der Handel immerhin noch ziemlich rege..geblieben. Es werden
gegenwärtig ausgeführt: Kohlen, Kalk und Gewebe nach Österreich; Gewebe (be-
sonders Tuche und halbwollene Stoffe) nach Holland, Schweden, Norwegen, Italien
und dem Orient; Porzellan- und Glaswaren nach Dänemark, Holland, Rußland,
Spanien, Portugal und der Schweiz; Spiritus nach Italien. Kolonialwaren hin-
gegen wurden bisher vielfach aus England und Holland, Pelzwaren ans Rußland,
Schmuck- und Seidenwaren aus Frankreich, Eisen- und Stahlwaren aus England
bezogen, wobei die größeren Handlungshäuser in direktem Verkehr mit dem Aus-
lande standen. — Hinsichtlich des Viehhandels ist zu bemerken, daß Pferde in
größerer Menge ein-, Rinder, Schweine und Schafe in weit größerer Menge aus-
geführt zu werden pflegen, als umgekehrt.
Zur Förderung des Handels besteht eine größere Anzahl von Handels-
kammern, Filialen der Reichsbank, Privatbanken und Kreditinstituten.
Eine Reichsbankhanptstelle befindet sich in Breslau, Reichsbank- und Reichs-
banknebenstellen in den wichtigeren Provinzialstädten; in Breslau ist die städtische,
die Breslauer Diskonto-, die Breslauer Wechslerbank und der fchlefische Bankverein,
teilweise mit Zweigstellen in der Provinz, vorhanden. An Kreditanstalten sind das
königliche Kreditinstitut für Schlesien (errichtet 1769 durch Friedrich den Großen)
und die schlesische Generallandschaft (1848 errichtet) zu erwähnen; zu der letzteren
gehören die Fürstentumslandschaften zu Breslau, Frankenstein, Glogan, Görlitz,
Janer, Liegnitz, Neiße, Ols und Ratibor, sowie die schlesische landschaftliche Bank