1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Großherzogtum Hessen. 567
und zwar herrschen in Rheinhessen die letzteren vor; im Mainzer Becken ist die
Tertiärformation reich entwickelt. Rheinhessen besteht teilweise aus Rotliegendem, der
Oberhessen erfüllende Vogelsberg ist ein Basaltgebirge.
Der Staat gehört größerenteils dem Rhein-, kleinerenteils dem Weser-
gebiete an; das Klima ist in den einzelnen Teilen ein sehr verschiedenes.
Das wichtigste Gewässer ist der Rheinstrom, welcher zuerst die Provinzen Starken-
bürg und Rheinhessen voneinander trennt, sodann die letztere im Norden begrenzt.
Von den Rheinflüssen kommen, allerdings teilweise nur wenig, links die Selz und
die Nahe, rechts der Neckar, die Weschnitz, die Modau, der Main und die Lahn in
Betracht. In den Main fließen die Mümling, Gersprenz und Nidda (mit Nidder
und Wetter), in die Lahn die Ohm. Lumda und Wieseck. Dem Wesergebiete gehören
kleinere Gewässer an, welche von der Ostseite des Vogelsberges zur Fulda gehen;
diese selbst berührt im Nordosten auf eine kleine Strecke die Provinz Oberhessen:
auch fließt ihrem linken Nebenflüsse Eder. die Schwalm aus Oberhessen zu. In allen
drei Provinzen finden sich Mineralquellen; besonders zu erwähnen sind die Säuer-
linge des Ludwigsbrunnens bei Groß-Karben, die Kochsalzquellen zu Bad Nauheim
und Salzhausen und die Schwefelquellen bei Oppenheim. — Ein sehr mildes Klima
findet sich in den südlicheren und geschützteren Gegenden, besonders in Rheinheffen
und in den Teilen der Rheinebene der Provinz Starkenburg; sehr rauh ist dagegen
die Gegend des Vogelsberges in Oberhessen. Während Mainz ein Jahresmittel von
-f- 9,g, Darmstadt sogar ein solches von über 10" C. hat, beträgt dasselbe in Gießen
nur -f- 8. in Ulrichstein gar nur 7,sü C. Die Niederschlagsmenge beträgt in Gießen,
wie in Darmstadt 600—700 mm.
Die Bevölkerung ist hessisch-sränkischen Stammes, oberdeutscher Mund-
art, größerenteils evangelisch und in erster Linie mit Ackerbau und Viehzucht,
daneben mit Industrie und Handel beschäftigt.
Am 1. Dezember 1885 lebten auf etwa 7682 qkm 956 611 Einwohner, von
denen 278450 katholisch, 26114 jüdisch, die übrigen (bis auf einige tausend An-
gehörige von Sekten, also 643881) evangelisch waren. — Am 5. Juni 1882 wurden
gezählt in Land- und Forstwirtschaft, Tierzucht k. 386360 Zugehörige, daruuter
157430 Erwerbsthätige, ferner in der Industrie 339 809 Zugehörige, darunter
128296 Erwerbsthätige; endlich in Handel und Verkehr k. 98631 Zugehörige,
daruuter 31492 Erwerbsthätige. — Da der Boden, besonders in den Provinzen
Rheinhessen und Starkenburg, zu einem erheblichen Teile fruchtbar ist, so findet die
Landwirtschaft die erforderliche Voraussetzung zu ihrem Gedeihen; dieselbe wird auch
in den bezeichneten Gegenden sehr umsichtig und erfolgreich betrieben, sodaß Getreide
weit über den Bedarf, und auch Hülsenfrüchte (besonders Erbsen), Rüben, Raps,
Mohn und Kartoffeln in ziemlicher Menge gebaut werden. Auch Gemüse werden
reichlich (in den Gegenden von Dornberg, Heppenheim, Bensheim, Mainz, Bingen
und Worms), ebenso Tabak (in der Provinz Starkenburg), Flachs (in Oberhessen),
Hopfen (in Starkenburg) gebaut; außerdem sind Obstbau (in allen drei Provinzen)
und Weinbau stark im Betriebe. Der letztere findet besonders in Rheinhessen»
sowie in Starkenburg (an der Bergstraße) statt. Hauptorte für Weißweine sind
in Rheinhessen: Nierstein, Büdesheim, Bingen, Oppenheim, Worms, Bodenheim,
Dienheim, Laubenheim :c.; in Starkenberg: Zwingenberg, Auerbach, Bensheim und
Heppenheim; außerdem bietet Rheinhessen gute Rotweine in Gundersheim, Ober-
und Nieder-Ingelheim und Heidesheim. Der Wiesenbau hat sich iu letzter Zeit
gut entwickelt und findet sich besonders in Oberhessen. Die Forstwirtschaft befindet
sich namentlich in den Provinzen Oberhessen und Starkenburg in bestem Zustande. —
Im Jahre 1883 waren vorhanden an Acker-, Garten- und Weinland 392783, an
Wiesen 92509, an Weiden, Hutnngen, Od- und Unland 10890, an Forsten und
Holzungen 240694, an Haus- und Hosräumen, Wegen, Gewässern :e. 32569 ha; es
übersteigen sonach Ackerland ?e., Wiesen und Forsten den Reichsdurchschnitt (51,,,
bez. 12 und 31 Proz. gegen 48,,, bez. 12 und 25,7 Proz. im Reichsdurchschnitt);
dem Weinbau waren 1883 11316 da gewidmet. Im Jahre 1888 waren bestellt mit
Roggen 63552, mit Weizen 39290, mit Spelz 5595, mit Gerste 55 860, mit Kartoffeln
67 055, mit Hafer 44413, mit Wiefenheu 93 590 ha; die Ernteergebnisse waren 94697