1887 -
Münster i.W.
: Schöningh
- Autor: Treuge, Julius, Hellinghaus, Otto
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
52 Afrika.
als ein stillschweigendes Gesetz gegolten, daß, wer immer Waren ins
Land brächte, geschützt werden müsse. Es war die Möglichkeit ins Ange
gefaßt worden, daß Nsama fliehen könnte; wenn nach dem Norden, so
würde mir der Dnrchzng dnrch sein Land offen stehen, wenn nach dem
Süden, so war ich gegen die Gefahr gesichert, in seine Hände zu fallen.
Aber es stellte sich herans, daß Nsama Frieden zu schließen wünschte.
Er hatte zwei Boten mit Elesantenzähnen geschickt, um die Unterhand-
lungen zu eröffnen; aber man vermutete Verrat dahinter, und sie wur-
den niedergeschossen. Ein zweiter Versuch wurde gemacht, diesmal mit
10 Ziegen, indessen gleichfalls zurückgewiesen; die Führer der Araber
bezeigten großes Bedauern hierüber. Es war ein Glück für mich, daß
die Waren der Araber nicht alle verkauft waren; denn der Moerosee
lag in Nsamas Lande, und ohne Frieden konnte weder Elfenbein gekauft
werden, noch konnte ich den See besncheu. Das Friedenschließen zwischen
den Eingeborenen und den Arabern war jedoch ein höchst langweiliges
Geschäft, indem es 3 % Monate in Anspruch nahm und damit endete, -—
daß sie gegenseitig ihr Blut tranken. Dies Verfahren, wie ich es 1854
westlich von hier sab, ist nicht schrecklicher, als es die 30. Verdünnung
von tödlichem Nachtschatten oder Strychnin in der Homöopathie ist.
Ich dächte, ich hätte es, wäre ich ein Araber gewesen, wohl über mich
gewinnen können, das Blut eines andern zu trinken; aber das nächste
Mittel znr Befiegelung der Friedenswürde würde mir doch widerstanden
haben — nämlich eine schwarze Frau zu heiraten. Nsamas Tochter war
die Braut, und sie siel sehr hübsch ans. Sie kam huckepack ans eines
Mannes Schultern reitend; dies ist die würdevollste Art der Beförde-
rung, über welche Häuptlinge und deren Familien gebieten können.
Sie hatte zehn Dienerinnen bei sich, von denen jede einen Korb mit
Lebensmitteln trug, und alle hatten ebenso hübsche Züge wie ihre Herrin.
Sie wurde von dem Vornehmsten der Araber znr Frau genommen, zeigte
aber bald, daß sie ihren Vater ihrem Manne vorziehe; denn als sie Vor-
Bereitungen treffen sah zur Ausrüstung eines Zuges zum Einkauf von
Elfenbein, glaubte sie, daß ihr Vater angegriffen werden solle, und ent-
floh. Ich besuchte darauf Nsama, und da er nicht wünschte, diy; viele
Leute auf einmal in feine Nähe kamen, so nahm ich von meinen acht Be-
gleitern nur drei mit. Seine Leute hatten große Furcht vor Feuerwaffen
und befühlten jedes Stück meiner Kleidung, um zu. sehen, ob ich welche
auf meinem Leibe verborgen hätte. Nsama ist ein alter Mann, mit
einemkops und Gesicht gleich den aus assyrischen Monumenten abgebildeten.
Er ist seiner Zeit ein großer Eroberer gewesen und war mit Pfeil und
Bogen nicht zu besiegen. Er soll viele eingeborene Händler vom Tanganjika
vernichtet haben, aber zwanzig arabische Gewehre vertrieben ihn aus seinem
eigenen befestigten Dorfe und riefen eine ungeheuere Aufregung im Laude