1887 -
Münster i.W.
: Schöningh
- Autor: Treuge, Julius, Hellinghaus, Otto
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Buchholz-. In Kamerun. 93
heit, welche die Kamerunleute vorzugsweise durch Vermitteluug des Hau-
dels mit dem Innern erwerben.
Das Leben hier an der Küste ist keineswegs billig, im Gegenteil
herrschen mehr als englische Preise. Lebensmittel sind sonst nicht gerade
teuer, aber Fleisch ist knapp und muß enorm bezahlt werden.
Nach einem längeren Wege zwischen den geschilderten Hütten kamen
wir zu Kiug Bells Residenz, welche sich nur durch größere Dimensionen
vor den anderen Häusern auszeichnet. Leider ergab sich da, daß King
Bell damit beschäftigt sei, ein großes „Palaver" (Kriegsrat) abzuhalten.
Die Sache war nämlich die: die Belllente hatten einen angesehenen
freien Neger aus dem benachbarten Joß Town ermordet, und weil die
Sache sich durch Bezahlung von Weibern, als dem wertvollsten Besitz,
und anderem wertvollen Eigentnme nicht beilegen ließ, indem für den
Fall, daß ein freier Neger erschlagen wird, Blutrache bei den Dnalla
gilt, so drohte ein großer Kampf zwischen den beteiligten Towns ans-
zubrechen.
Auf dem weiten Platze vor Bells Hause tagte die Kriegsversamm-
lnng. Um einen freien, mittleren, viereckigen Raum kauerten mehrere
hundert mit langen Gewehren, Speeren und Schlachtmessern bewaffnete
Krieger, während die Weiber an einer Seite Platz genommen hatten.
King Bell selbst, ein herkulisch gebauter, schöner Mann, dessen ganzes
Benehmen etwas Königliches an sich trug, schritt heftig gestikulierend
und laut redend in dem offen gelassenen Räume auf und nieder. Die
Versammlung hörte ihn in tiefem Schweigen aufmerksam an.
Er war so erregt, daß er die Ankunft der Fremden' nicht eher be-
merkte, .als bis wir nach dem Durchschreiten der Versammlung vor ihm
standen.
Herr Thormählen stellte uns dem Könige vor, indem er sagte, der
Kaiser von Deutschland habe uns hergesandt, um alle hier lebendeit
Tiere kennen zu lernen und zu sammeln, dagegen wollten wir nicht iin
mindesten Handel nach dem Innern treiben. Diese Auseinandersetzung
schien King Bell sehr zu gefallen. Übrigens war Bell fo anständig,
uns seine Unterstützung freundlichst zuzusagen, ohne Ansprüche aus ein
Geschenk zu erhebeu, was sonst bei den Häuptlingen stets das erste zu
sein pflegt. Natürlich konnte die eingehendere Besprechung der Reiseau-
gelegenheiten wegen der harrenden Kriegerversammlung diesmal nicht
ersolgen, und deshalb entließ nns King Bell mit höflichem Händedruck,
und wir wanderten weiter in das benachbarte Joß Town, welches wir
übrigens aus Furcht vor den mächtigen Bellleuten völlig verlassen fan-
den. Die Bewohner waren mit Hab und Gut in die Wälder geflüchtet.
Einen charakteristischen Einblick in die Mangrovesumpfwilduisse ge-
währte eine am folgenden Tage gemachte Fahrt. Die wirkliche Er-