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1. Aus allen Erdteilen - S. 159

1887 - Münster i.W. : Schöningh
Rohlfs: Audienz bei dem Negus Negesti von Abessinien^ 159 das Siegel und entfaltete den auf großen Quartseiten kalligraphierten Brief, welcher die eigenhändige Unterschrift unseres deutschen Kaisers enthielt. Eben wollte ich mit dem Lesen desselben beginnen, als der Negus rief: „Verzeih, laß mich vorher den Brief sehen?" Ich beeilte mich, das Schreiben dem Negus wieder zuzustellen. Jede Seite wurde mm genau untersucht, besonders aber das unten sich befindende große Staats- siegel gemustert. „Frankreich hat auch einen Adler im Wappen", hob der Kaiser wieder an. — „Ja", sagte ich, „es hatte vorübergehend dieses Wappenzeichen unter der Herrschaft der Napoleouideu." „Warum sind gewisse Worte im Briefe besonders schon und größer geschrieben?" fragte dann der Negus, und dabei zeigte er auf die Worte „Wilhelm" und auf feinen eigenen Namen „Johannes". Ich erklärte ihm, daß der Künstler die Namen des deutschen Kaisers und des Königs der Könige von Äthiopien stets durch besondere kalligraphische Schönheiten hervorgehoben hätte. „Das ist eine große Aufmerksamkeit, welche früher auch in Abessinien Sitte war", bemerkte er. — „Ihr Kaiser ist ein wirk- licher Kaiser", hob der Negus wieder an. „er ist Negus Negesti von Deutschland, wie ich es jetzt von Abessinien bin; denn man hat mir ge- sagt, daß viele Könige uuter dem Kaiser von Deutschlaud regieren." — „Das ist vollkommen richtig, Majestät; alle Fürsten Deutschlands erkennen im Kaiser ihren obersten Kriegsherrn." „Das ist gerade wie bei uns iu Abessinien", erwiderte der Negns. Am Schluß unserer Unterhaltung sragte ich den Negus, ob er ge- statte, daß ich ihm einige Gaben überreiche. Nach erhaltener Erlaubnis hieß ich Schimper, die vor dem Gemach mit den Geschenken wartenden Diener hereinzurufen. Zuerst brachte mau das prachtvolle Solinger Schwert *). „Hat Ihnen;" fragte der Negus, „der Kaifer von Deutschland diese Geschenke für mich mitgegeben?" — „Nettt, Majestät, diese Gegenstände sind alle von mir und sollten ein geringes Zeichen meiner Hochachtung sein für den Herrscher der Könige von Äthiopien." Sodann erschien der bei Gerson in Berlin gefertigte Schirm, eigentlich ein kleines Sonnenzelt, und erregte durch feine gediegene Pracht fast noch eine größere Wirkung, als das Schwert. Von echtem grünen Samt, reich mit Stickereien echter Goldarabesken bedeckt und langen, echten Goldfransen ringsum behangen, war er inwendig mit dickem gelben Atlas gefüttert und hatte aufgespannt ca. 2 Meter 1) Die Geschenke, selbstverständlich aus kaiserlichen Mitteln beschafft, sollten aller- dings ursprünglich dem Sultan von Wadai übergeben werden, sie wurden mir jedoch in Berlin schon 1878 mit dem Bemerk überwiesen, daß ich sie als Geschenk für einen anderen Fürsten verwenden könne, falls ich Wadai nicht erreiche.
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