1887 -
Münster i.W.
: Schöningh
- Autor: Treuge, Julius, Hellinghaus, Otto
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Baarts: Das Tote Meer. 431
ihm einen süßlichen Geschmack verleiht. Die Ränder des Rinnsals sind
durch mancherlei Mollusken (Weichtiere) wie mit einem schwarzen Über-
zng bedeckt. Unter den Steinen im Bette des Baches schlüpfen Süß-
wasserkrabben (krebsartige Tiere) hin und her. Der weitere Lauf der
Quelle ist mit dichtem Gebüsch, das den Charakter der arabischen Flora
trägt, auf beiden Seiten eingefaßt, während mächtiges Schilfrohr im
Wasser selbst emporschießt. Unter den Sträuchern sind am interessan-
testen die mächtigen Zizyplius spina Christi -23ü]che, zwischen deren
stacheligen Zweigen zahllose kleine Vögel nisten, welche aus ihrem sicheren
Versteck lustiges Gezirp und Getriller hören lassen, während die Raub-
Vögel, die gern an sie heran möchten, voll Verdruß darüber hinstreichen;
und die Calotropis procera, die den echten Sodomsapsel trägt, eine gelbe
Frucht von der Größe eines Apfels, deren dünne Schale leicht aufplatzt
und dann eine Unmasse kleiner Samenkörner und seidenartiger Fäden
hervorquellen läßt. Diese Fasern sollen von den Beduinen zu Luuteu
verarbeitet, auch vou den Beduinenfrauen mit Baumwolle zusammen-
gesponnen werden. Der unechte Sodomsapsel (Solanum sanctum) ist
viel kleiner als die Frucht der Calotropis, enthält aber gleichfalls eine
Menge kleiner Samenkörner, die oft, sei es infolge eines Insektenstiches,
sei es durch Wirkung eines wuchernden Pilzes, in schwarzen Staub ver-
wandelt werdeu. Der Kontrast zwischen der schönen, roten Schale und
dem widerlichen Inhalt ist dann in der That seltsam. Die Blätter des
Hennastrauches, Lawsonia alba, liefern den Orientalen das fchon im
Altertum reichlich angewandte Mittel, Hände und Füße des zarten Ge-
schlechtes mit bräunlichen Streifen zu bemalen, was zumal für das Bei-
ramfest zum ordnungsmäßigen Ausputz aller Frauen und Mädchen gehört.
Etwas nördlich von Eugedi tritt das Vorgebirge Mersed mit senk-
rechtem Abhang ins Meer hinein. (Siehe die Abbildung auf S. 432).
Die Pasfage über diese Felseu ist mit unsäglichen Schwierigkeiten ver-
knüpft; Reiter müssen absteigen und in triefendem Schweiß zu Fuß hinauf-
und hinabklettern; die Lasttiere müssen abgeladen und das Gepäck von
den Leuten stückweise von Ort zu Ort geschleppt werden.
Wir unserseits ritten, nachdem wir unser Bad im Meer genommen,
bald wieder nordwärts nach dem Jordan hin. Seine doppelte Mün-
dnng, vor welcher gewöhnlich eine Menge toter Fische, die den Übergang
in den Salzsee nicht verwinden konnten, auf der Oberfläche des Meeres
schwimmen sollen, ließen wir uubesucht. Auf dem glatten Wege, der
durch die Ebene hinführt, ritt es sich munter voran. Einer von uns
trng großes Verlangen, den schönen Granen unsers Beduinen zu probieren.
Der Reiter ließ sich herbei, das Pferd uuserm Freunde für den Ritt zum
Flusse zu überlassen. Der saß kaum im Sattel, als ein wildes Jagen
begann; wir meinten, es sei Übermut des Reiters, doch es stand schlimmer.