1896 -
Leipzig
: Hirt
- Autor: Leite, Rudolf
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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2. Mittel- und Südamerika.
Fleisch wird der auf der ganzen Erde berühmte „Fleisch-Extrakt" ge-
wonnen.*)
7. Die Bewohner am Südende des amerikanischen Festlandes wurden
von Magalhaens Patagos, d. h. die Grossfüssigen, genannt, weil sie un-
gewöhnlich grosse Stiefel trugen. **) Diese Bezeichnung hat man auf das
Land übertragen und ihm den Namen Patagonien gegeben. Bild 37 d
lässt die Gestalt der Westküste erkennen. Diese ist im Unterschiede
von der Ostküste sehr gebirgig. Die Anden steigen hier ohne Vorland
unmittelbar am Meere schroff auf, während dieses in Schluchten als
Fjorde tief ins Gebirge eindringt. Hinter der vorderen niedrigeren Berg-
kette erheben sich höhere, die mit ewigem Schnee und gewaltigen
Gletschern bedeckt sind. Gestalt, Klima, geringer Pflanzenwuchs machen
die Westküste Patagoniens unbewohnbar. Die meist hohen und schroffen
Inseln vor derselben sind als abgerissene Stücke der Anden anzusehen.
8. Der weite Raum östlich von diesem Gebirgskamm bis zum At-
lantischen Ocean bildet ein langsam in Terrassen absinkendes Stufen-
land. Der Boden ist hier mit einer dicken Schicht Sand bedeckt. Der
dort herrschende Wassermangel macht das ganze östliche Patagonien
zu einer Wüste. Nur Strandgräser und Salzpflanzen nehmen weite
Strecken ein. Hier und da kommen einzelne Gruppen von niedrigem
Gesträuch vor. Aber je näher dem Meere, desto besser wird das Pflanzen-
kleid der stufenartigen, welligen Ebene. Der Küste entlang giebt es so-
gar Wälder. Auf den Steppen dieser Hochebenen lebt das Lama und
verwandte Thierarten, z. B. das Guanaco. Es sind Wiederkäuer, kleiner
und schwächer als der Hirsch. Diese Tiere werden eingefangen und
als Lasttiere, „Kamele der Anden", benutzt. Wie das Einfangen der
wilden und scheuen Guanacos geschieht, zeigt Bild 73a. Fast nackt,
das lange, grobe Haar über den Schläfen zusammengebunden, auf
schnellen, ungesattelten Pferden, gehen die Patagonier auf die Jagd.
Hierbei sind die Wurfkugeln oder Bolas ihre gefährlichste Waffe. Zwei
oder drei Kugeln aus Stein, Eisen oder Blei werden, jede für sich, in
ein Stück Haut eingenäht und an langen Lederriemen, deren innere
Enden zusammengebunden sind, befestigt. Der Jäger schwingt die Bolas
einigemal über den Kopf und wirft sie mit der grössten Geschicklichkeit
dem Tier, das er fangen will, um den Hals. Die Kugeln schwingen sich
so schnell und so fest um Hals und Beine, dass das Tier vollständig
hilflos niederstürzt und seinem Verfolger zur Beute fällt. Auf eben
diese Weise ist das Guanaco im V. r. die Beute des Jägers zur Linken
geworden.
*) Dr. J. Liebig hat die Bereitung des Fleischextraktes zuerst gelehrt; der
- „Liebigsche Fleischextrakt" hat Weltruf.
**) Die Patagonier gelten als die grösste Menschenrasse.
Druck von Carl Marquart in Leipzig.