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1. Bilder aus den deutschen Küstenländern der Ostsee - S. 58

1886 - Leipzig : Spamer
58 Kiel und sein Kriegshafen. eine bessere Kultur ins Land ein, der gegenüber die holsteinischen Wenden ebensowenig ihre Sitten wie ihre Sprache zu behaupten gewußt haben. Den Eingewanderten verdanken diese Gegenden den traditionellen Ruf, die Verhältnis- mäßige Blüte ihres landwirtschaftlichen Betriebes. Ostholstein gehört zu den schönsten Teilen Deutschlands. Die Eigenart des von der Seenplatte des uralbaltischen Höhenzuges beherrschten Ostseeufers kommt hier zu seiner vollkommensten Entfaltung. „In offner Landschaft find' ich mich, wo See an See Mit holdem Gruß blauäugig aus der Tiefe lacht, Und über sanften Hügeln schwebend, wipfelreich Der Buchenforst auf säulenhohen Stämmen wogt." So schildert Emanuel Geibel den allgemeinen Eindruck dieser Gegend. Wie überall, wo es sich findet, bildet auch hier das Wasser den Mittelpunkt der Landschaftsbilder. Holstein besitzt nicht weniger als sechsundachtzig Seen. Bei Plön, dessen altes Fürstenschloß jetzt zur Kadettenschule geworden ist, be- findet sich ein Hügel, von dem man an zwanzig solcher Wasserspiegel übersieht. Bei weitem der größte von ihnen ist der fischreiche See bei Plön. Er bietet zugleich ein Beispiel mannigfaltiger, vielgestalteter Umgebungen, deren sich einige nnsrer Seen erfreuen. Rudert oder segelt man über solch ein Gewässer, so wechseln die Bilder unaufhörlich. Hier ist eine tiefe schattige Schlucht, die ihre dunklen Schatten auf die klare Fläche des Sees wirft. Dort blickt ein kleines Fischerhäuschen freundlich aus grünem Gebüsch hervor. Hier stehen altehrwürdige Bäume und wiegen ihr laubgekröntes Haupt im lauen Winde. Dort schwingen kräftige Schnitter die Senfe und mähen die goldene Saat. Hier heben sich kreischende Züge von wilden Enten aufgescheucht empor. Dort schwebt der Reiher mit regungslosen Flügeln über dem spiegelblanken Wasser. Hier sind blühende Wiesen, die ihren Duft weithin entsenden, Weiden mit zahl- reichen Viehherden. Dann wieder zieht eine grünumbuschte Insel an uns vor- über, voll lauschiger Plätzchen, in tiefster Abgeschiedenheit. An einer Stelle des Ufers blickt aus dichtem Park ein weißes Gutshaus hervor, an einer andern baut sich ein Dorf oder ein Städtchen mit hellen roten Dächern und ragendem Kirchturm auf. Überall — so scheint es — herrscht Wohlstand, Ruhe, Friede und eine unvergleichliche Pracht der Natur. Zu Seen dieser Art stehen in einem gewissen Gegensatz diejenigen, die ganz oder doch zum großen Teil von waldbedeckten Höhen umschlossen sind. Zwar fehlen hier schroff abstürzende Felswände, und auch die spitzen hohen Tannenabhänge des Schwarzwaldes oder selbst Thüringens kennt man hier nicht. Die Tanne ist überhaupt nur selten, und alle Höhen, denen man begegnet, sind nur sanft geschwungene, gestreckte Hügel. Aber an ihnen steigen senkrecht, glatt und astlos die weißgrauen Stämme der Buchen empor, Säulen gleich, und wölben über sich die gemeinsame Krone, auch „eine Art Wald über dem Walde". Die Gipfellinie des Waldes folgt dem natürlichen Wellengang des Hügels, und von dort her senkt sich in runden Wölbungen das grüne Dach herab, bis es mit seinem schönsten Laube in die Fluten taucht. Welch prächtige Waldhallen solch ein Abhang bildet, wie üppig hier in feuchter Kühle Waldmeister, Orchideen und Farnkraut gedeihen, zuweilen dem Waldinnern einen Zug tropischer Fülle leihend, das sieht man so recht an den Ufern des Dieksees, wo das reizende
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